KulturWerk-Festival in der alten Fabrikhalle in Schlüchtern „Zuckererbsen für jedermann“ (1)

 

„Wish you were here“ – mit dem Pink-Floyd-Song eröffneten die Gibsies, die Haus-Band der Künstlervereinigung, die Festspiele. Wie immer kamen viele Besucher diesem Wunsch nach. „Zuckererbsen für jedermann“ lautet das diesjährige Motto der KulturWerker (wir berichteten). Die poetische Forderung des Dichters Heinrich Heine (1797 – 1857) wurde noch von der im Frühjahr gestorbenen KulturWerkerin Dorle Obländer angeregt. Ihr galt natürlich auch der Eröffnungs-Song: „Wish you were here!“

Der Malerin und Bildhauerin ist die begleitende Kunstausstellung gewidmet, in der ihre letzten Arbeiten, 19 von 30 Märchenbildern, präsentiert werden. Alle haben das gleiche Format von 60 x 60 cm und sind im typischen „Dorle-Stil“ mit kräftigen Acryl-Farben und wenig Hintergrund gestaltet. Sie zeigen bekannte Märchensituationen, etwa die auf einer aufplatzenden Schote sitzende „Prinzessin auf der Erbse“ oder das „Rumpelstilzchen“. Jedoch bei „Schneewittchen“ sieht man nur die unglücklichen Zwerge, bei „Aschenputtel“ bloß die blinden verkrüppelten Schwestern. Obländers Bilder arbeiten also häufig visuell den Kern mancher Märchen heraus. Gerne interpretieren sie jedoch die vorgegebenen Situationen, machen die Betrachter neugierig und werfen Fragen auf:

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 Ist die Hexe in „Hänsel und Gretel“ ein liederliches erotisches Biest? Wird „Sterntaler“ gleich von prasselnden Euro-Stücken erschlagen? Was macht der wollüstige „Froschkönig“ eigentlich auf dem Hintern der Prinzessin?

Manche Bilder sind deutliche politische Parabeln: So erinnert der nackte Kaiser in seinen vermeintlich neuen Kleidern an allzu selbstgefällige Politiker. „Ist das nicht der Trump?, fragte sogar ein Kind. „Der Fischer und seine Frau“ – wie lange kann das verwöhnte Weib noch als aufgeblasene Königin herumstolzieren? Das sind Situationen vor dem Knall, wie man sie aus Obländers Oeuvre kennt. Tagtäglich las die Künstlerin lustvoll mit ihrem Mann die Bild-Zeitung, eine unerschöpfliche Fundgrube für überhebliche oder geschwollene Charaktere. Doch niemals denunzierte sie die Abgebildeten persönlich, sondern führte sie eher als soziale Prototypen vor.

Am Rand der Märchenschau wird noch durch Fotos und Zeichnungen der kreative Umgang mit Zuckererbsen dokumentiert. Da fordern etwa dreimal drei abgelichtete KulturWerkerinnen mit ziemlich originellen Posen: „Zuckererbsen für jede Frau!“

Nach der Einführung in die Bilderschau durch KulturWerkerin Hannah Wölfel, erzählte Burkhard Kling, Leiter des Steinauer Grimm-Hauses, über seine lange Kooperation mit der Künstlerin. Sie habe von Anfang an seine Museumsarbeit begleitet und mit ihm bereits sehr früh ihr Projekt „Grimms Little Loser“ verwirklicht. Traurig warten noch heute im Garten des Museums ihre einsamen Betonzwerge auf „Schneewittchen“.

Im Anschluss an die Vernissage zeigten die KulturWerker den Film „Words And Pictures“, der die konflikthafte Liebesgeschichte zwischen einem Literaturlehrer (Clif Owen) und einer Kunstlehrerin (Juliette Binoche) erzählt. Sie streiten sich mit brillanten Dialogen über ihre künstlerischen Medien – ein passender Start in die mit Texten und Bildern prall gefüllte KulturWerkWoche.

 

Weitere Veranstaltungen

12. 11. um 20.10 Uhr Ulla Meinecke mit Band

13. von 11.10 bis 18.10 Uhr der legendäre Markt der Kunsthandwerker

www.kulturwerk2010.de