„Farbe trifft Holz“ 


Drei unterschiedliche Kunstschaffende in der aktuellen Ausstellung des Kunstvereins Fulda

Zu Beginn des Rundgangs trifft man auf die „Vier Jahreszeiten“ der Holzbildhauerin Ines Britz. Mit ihrer Installation konfrontiert sie den Besucher direkt mit dem Ausstellungsthema „Farbe trifft Holz“: In drehbare Scheite hat sie, wie bei Holzschnitten, Gesichter eingekerbt und mit Acryl übergewalzt. So entstanden vier Porträts, die für die unterschiedlichen Jahreszeiten stehen. 

Drumherum an den Wänden hängen riesige, farbkräftige Acrylbilder von Jan Döhrer, die man sogleich als Landschaften interpretieren möchte. Doch warum sind sie an den Rändern so ausgefranst oder verwischt? Sind das reale Destruktionen der Gemälde durch Witterung und Verfall oder sind es künstlerische Gestaltungen? Verweisen die Werke auf den Klimawandel oder haben die Übermalungen eine rein ästhetische Funktion? Die irritierenden Gemälde sind keine Ratespiele, vielmehr spielen mit den Wahrnehmungen und Fantasien des Betrachters. 

Andere Bilder des Künstlers sind zentimeterdick mit kräftigen Farben gespachtelt. Diese Farben greifen in den Raum, grapschen nach dem Besucher. Und natürlich kann man auf den Objekten wieder Landschaften sehen: die Natur, die sich ihre Welt zurückholt, mit loderndem Feuer, verbrennender Sonne oder geilem Grün.

Beim Weitergehen sind andere überraschende Arbeiten von Iris Britz zu sehen: In einer Holz- und Eiseninstallation scheinen sich zwei weiß übermalte Figuren zu trennen. Eine Frau schaut einem Mann nach, der gramgebeugt durch eine Tür getreten ist. Man will in die Figuren hineinspüren, ihre Haltungen nachahmen, ihre Erzählung verstehen. Rein formal setzen sich die strengen Linien der Eisenkonstruktion dahinter in den Fenstern und Heizkörpern fort. Ein hervorragender Ort – eigentlich ein Nicht-Ort – in dem „Hin und weg“ (Titel) passiert. 

Die Werke in den hinteren zwei Räumen sind dem 2020 gestorbenen Künstler Ronald Johnson aus Franken gewidmet. Im ersten hängen wilde, scheinbar abstrahierte Kompositionen mit kräftigen Farben, in denen man jedoch (nicht nur als Mann) weibliche Figuren oder Formen erkennen kann. Auch sie sind oft lediglich nummeriert, ohne wegweisende Titel. 

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In Vielfalt vereint – Studioausstellung EuropArt 

KLEINSASSEN von Hanswerner Kruse 

Anlässlich der nahenden Europawahl zeigt das Vonderau Museum die Fotoschau „Europa, Fulda und Ich“. Die Kunststation beteiligt sich am Thema mit ihrer Studioausstellung EuropArt.

Eine Mutter und ihr Kind schweben zwischen Traum und Wirklichkeit. Surreale Gestalten schaffen eine eigenartige Landschaft. Der Mann malt sich die Welt zurecht. Farbenfrohe abstrakte Kompositionen regen die Fantasien an. Sehr unterschiedliche Bilder in verschiedenen Stilen und mit diversen künstlerischen Mitteln hergestellt, sind derzeit im Studio der Kunststation zu sehen. 

Doch man erlebt hier kein beliebiges Sammelsurium vieler Kunstschaffender, sondern die Gemälde, Collagen und Zeichnungen sind von Kuratorin Elisabeth Heil so ausgewählt, dass sie harmonieren oder Kontraste bilden. Das sich einstellende Gefühl ist tatsächlich: „In Vielfalt vereint!“ Genau das will die Schau hervorrufen, denn jedes Objekt steht symbolisch für ein anderes europäisches Land. Fast alle EU-Staaten und einige Beitrittskandidaten sind dadurch hier vertreten.

Die große Überraschung: Alle Arbeiten sind aus der Artothek des Hauses, sie sind von europäischen Kunstschaffenden gestaltet und hier in den letzten Jahrzehnten ausgestellt worden. Die Station hat diese Objekte angekauft, sie können ausgeliehen oder erworben werden. Es sind nicht nur Einzelausstellungen, auf welche die Werke verweisen, sondern einige sind auch vor Ort in Austauschprogrammen entstanden. Etwa das verrätselte Bild der Finnin Milia Änäkkälä, in dem tatsächlich der Kleinsassener Kirchturm zu erkennen ist (Foto oben). 

Zur Schau „Zehn aus Wien“ reisten österreichische Kunst-Professoren und Meisterschüler an. Der Überblick europäischer Sinti-und Romakünstler ging anschließend um die Welt. Regelmäßig sind Stipendiaten der Via Regia hier zu Gast, das also per se ein europäisches Projekt ist. Denn die Via Regia verband schon sehr früh kulturell diverse Länder unseres Kontinents.

„Durch die ästhetische Vielfalt dieser Ausstellung, wird auch das europäische Profil der Kunststation deutlich“, freut sich Leiterin Monika Ebertowski im Gespräch.

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Von Drahtwäldern bis fühlbaren Heikus

Ein Rundgang durch vier neue Ausstellungen in der Kunststation Kleinsassen / Rhön.
Heute geht es französisch zu“, begrüßte die Leiterin des Hauses Monika Ebertowski die vielen Gäste der Vernissage. „Les feuilles mortes“ („Die gestorbenen Blätter“) sang Sopranistin Verena Gass, am Flügel begleitet von Axel Daniel. Später folgten weitere Chansons, die sich auf die Ausstellungen bezogen.

Besonders freute sich darüber das französische Künstlerpaar Anne Eliayan und Christian Pic, das viele eigene Werke aus Arles – der Stadt Vincent van Goghs – mitbrachte. Seit 60 Jahren ist dieser Ort Fuldas Partnerstadt, seit 30 Jahren gibt es den Freundeskreis Arles-Fulda, der jetzt die Verbindung zur Kunststation unterstützt. „What’s the matter“ („Was ist los“) heißt die Schau – und es ist mächtig was los in ihren Räumen. Riesige seltsame Naturbilder empfangen den Besucher – etwa ein grellrotes Band, das sich durch eine wilde steinige Landschaft schlängelt, oder ein Baum der mit rotem Stoff umwickelt ist.

Im kleinen Saal verirren sich Figuren aus gefestigtem Zeitungspapier in Drahtwäldern. Hinter den Skulpturen sind Bildnisse seltsam karger, auf reines weiß reduzierte Bäume zu sehen. Am Ende der Ausstellung kann man Opfer unserer Konsumwelt erleben: sie stehen, wie Gekreuzigte mit ausgebreiteten Armen, auf Bergen von Uhren, Elektrogeräten oder Handys.

Den Objekten des Künstlerpaares liegen oft inszenierte und ausgedruckte Fotografien zugrunde. Diese werden später nachbearbeitet, erneut fotografiert und direkt auf Dibond-Platten gedruckt. So changieren die Werke technisch und ästhetisch zwischen Malerei und Fotografie. Die beiden trennen die Urheberschaft nicht, haben Spaß an der Zusammenarbeit – und das glaubt man ihnen, wenn sie begeistert von ihrem Schaffen erzählen. Zum Beispiel, wie Pic den 40 Kilo schweren Seidenballen durch das Tal schleppte. Das Duo setzt sich immer mit der Umwelt auseinander, sieht kritisch auf menschliche Spuren in der Natur oder ihrer Umgebung. Sie machen keine Öko-Propaganda, sondern die Objekte behalten immer ihren unwägbaren Rest, der uns eigene Assoziationen und Fantasien ermöglicht. Der Austausch von Kunstschaffenden aus dem Fuldaer Raum und Arles soll weiter fortgesetzt werden.

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Mit Malerei habe ich nichts am Hut…

Caroline Camilla Kreusch in der Kunststation: Lassen wir uns überraschen, was alles in die große Halle der Kunststation hineinschweben wird“, hieß es in der Einladung zur Schau der Künstlerin im Rahmen der Herbst-Ausstellungen. Tatsächlich verblüffte die Künstlerin den Pressebesucher am Tag vor der Vernissage: Sie schwebte mit einer um den Hals zu tragenden Textilskulptur neben ihrem Wandobjekt „Mikrolose Makrowolke“ (Foto). Aber das weiche Gebilde mit Zotteln fand dann doch keinen Platz in der aktuellen Präsentation ihrer Arbeiten.

Diese kleine Begebenheit offenbart bereits viel über die Künstlerin: Sie spielt gerne mit Materialien oder Worten, legt sich nicht fest, freut sich auf Neues und Unbekanntes. Ihre Arbeiten tragen Namen wie „Pistazienrutsche“ oder „Ungekämmte Ereignisse“, doch diese skurrilen Titel weisen selten den Weg zum rationalen Verständnis ihrer Werke. Man kann Kreuschs Arbeiten einfach nur erleben und sich daran erfreuen; oft wirken sie dynamisch und fordern zur musikalischen oder tänzerischen Umschreibung heraus.

Ihr Werk im Hintergrund des Fotos sieht aus wie ein leicht dreidimensionales Objekt, ein „Halbrelief“, weitere solche Arbeiten brachte sie mit nach Kleinsassen. Doch die vermeintlichen Wandskulpturen sind ausgesägte Platten aus dem sehr festen MDF-Holz. Diese gestaltete sie dann sorgfältig weiter mit kräftigen Farben, „die ich wie Baumaterial verwende.“ Dadurch erzielt sie die räumliche Wirkung.

An einer anderen Wand befestigte Kreusch neben ihren Bildern einige Pappskulpturen: „Klimakisten, gold und schief aber dicht“, wie es in deren Titeln heißt. Oder sie breitete edel aussehende, grellfarbige Skulpturen im Raum aus: „Polyeder“, die sich selbst narzisstisch in Spiegeln auf dem Boden betrachten. „Ich bin Bildhauerin und habe nichts mit Malerei zu tun“, erklärt die Künstlerin, die übrigens aus einer äußerst musikalischen Familie stammt. „Meine Werke sollen im Raum wirken.“ Man kann sie zwar einzeln betrachten (und natürlich auch einzeln kaufen), aber in den Ausstellungen setzt sie diese oft sehr unterschiedlich anmutenden Arbeiten in Beziehung zueinander. So entstehen Installationen, die eine eigene fantastische Welt bilden. 

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Sichtbar gemachte Emotionen eines Künstlers

Im Rahmen der Herbstausstellungen der Kunststation in Kleinsassen / Rhön präsentiert Michael Apitz seine Schau „Rhein trifft Rhön“. Doch der Künstler drückt seine tiefe Heimat- und Naturverbundenheit nicht in gefälligen, wiedererkennbaren Landschaftsbildern aus. Stattdessen berührt er uns Besucher mit dunklen oder farbkräftigen, meist expressionistisch anmutenden Acrylgemälden.

Sie drücken, nach langen Streifzügen durch die Natur im Rheintal oder den Hügeln der Rhön, seine intensiven Emotionen aus, die wir durch die Bilder nachempfinden können. Im kleinen Saal nimmt das riesige, blau-schwarze Gemälde „Der Weg“ eine ganze Wand ein (siehe Foto). Es mutet düster und dramatisch an. An der angrenzenden rechten Eckwand hängt die wesentlich kleinere, strahlend gelb-goldene Komposition „Johannisberg“, welches dem dunklen „Weg“ die Schwere nimmt. Im großen Saal sind neben drei wirklich knalligen Werken mit satten roten Farben, auf der Eckwand beschwichtigende dunkle Bilder befestigt. Durch diese, von Dr. Elisabeth Heil durchgehend bewusst kuratierten Kontraste, entsteht immer wieder Spannung und dennoch Ausgleich in der Ausstellung des Künstlers. Die Kuratorin meinte übrigens beim Rundgang, die „strahlend warmen Farben“ seien hilfreich für die kommenden tristen Wintertage.

Es sind quasi Erlebnisarbeiten, die Apitz nach seinen Wanderungen in der Natur impulsiv und abstrahiert im Atelier erschafft und durch seine unwirklichen Farben verfremdet. Von realen Orten lässt er sich zwar berühren und zum Malen inspirieren, sie tauchen oft auch in seinen Werktiteln auf, sind aber selten realistisch abgebildet. Seine Motive findet er im Rheintal, welche bereits die Kunst der Romantiker anregten. Auf Initiative der Leitung des Biosphärenreservats Rhön kam er auch in Kontakt mit der Kunststation, die ihn ermunterte, sich für eine Ausstellung in Kleinsassen auch mal der Rhön zu widmen. Schließlich zog diese Region bereits im 19. Jahrhundert ebenfalls viele Künstler an, der Zusatz Malerdorf zum Ortsnamen Kleinsassen erinnert an jene Zeit.

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Sind wir alle Reisende?

Wir alle sind Viaggiatori, Reisende – teilt uns der italienische Künstler Idilio Galeotti in seiner Studioausstellung in der Kunststation mit. Vor dem Studio steht er selbst als lebensgroße Puppe, im Saal zeigt ein Video die fiktive Erzählung eines Mannes, dargestellt von Galeotti, der nach jahrzehntelangem Schlaf im Eis in einer veränderten Welt wiedererwacht.

Die Unbilden oder Freuden der neuen Zeit zeigt uns der Künstler nicht nur im Video, sondern drückt sie in seiner Schau auch mit Skulpturen aus gebranntem Ton aus: Da gibt es die fast militärisch aufgereihten, knallbunt glasierten Reisenden. Oder Rotfüchse, die Berlin erobern wollen. Dann den Container-Lastwagen als Keramikskulptur, in dessen Fensterscheiben vage Träumereien erkennbar sind; am Steuer des Fahrzeugs hockt ein Schäferhund. „Wenn Lastwagen, die Waren transportieren, sich verwandeln in Wagen für Emotionen, Wünsche, Wunder“, nennt der Bildhauer dieses Objekt.

Schnell wird klar, Galeotti ist beileibe kein Töpfer, sondern ein mit Ton arbeitender Poet, der die Garstigkeit unserer sich drehenden Welt (so eine weitere Skulptur) und die Unzulänglichkeit der Menschen ironisch aber nachsichtig anprangert. Sein keramisches Architekturensemble mutet sogar hoffnungsvoll an und setzt einen Kontrapunkt gegen allzu negative Weltsichten. Aus eigenartig schönen, futuristischen Gebäuden treten einzelne, vielleicht einsame Menschen heraus, die sich in die schöne neue Welt trauen. Einer nähert sich wohl behutsam seiner nackten Nachbarin… „Die unvollkommenen Architekturen der Seele“, heißt der etwas verrätselte Titel dieser fantastischen Werkgruppe.

Galeotti lädt uns als Reisende zur Entdeckungstour durch seine fröhlich bis sarkastische Kunstwelt ein. Er lebt in Modigliana, der Partnerstadt von Hofbieber, deren italienischer Freundeskreis die Ausstellung im Studio unterstützt und gemeinsam mit Monika Ebertowski, Leiterin der Kunststation, ausheckte.

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Performance zur Eröffnung der Ausstellung „Fragil“

Zur Eröffnung der Ausstellung „Fragil“ des Fuldaer Kunstvereins realisierte die Künstlerin Hannah Wölfel eine zweistündige Performance zum Thema. Die Performance dauerte zwei Stunden.

Kurz vor der Eröffnung der Ausstellung setzte sich Hannah Wölfel auf einen schwarzen Stuhl im Gang zur Kapelle und fixierte sich selbst mit rot-auf-weißen Klebebändern „FRAGIL“. Die Leute mussten sich beim Hereinkommen entscheiden, ob sie links oder rechts an der Künstlerin vorbeigehen wollten. Anschließend blieb sie noch eine Stunde zwischen den Besuchern und Besucherinnen sitze, bevor sie ihre Aktion beendete.

Als Künstlerin trat sie nicht hinter ihr Werk zurück, sondern wurde während der Performance selbst ein  künstlerisches Objekt. Sie versetzte sich in  fragile Zustände, in denen sie aber keinen Kontakt mit dem Publikum aufnahm und auf Begegnungen nicht reagierte.

Zurückgezogen aber intensiv konzentrierte sie sich auf das Thema „FRAGIL“. Jenseits und doch als Teil der Vernissage spürte sie fragilen Ereignissen in ihrem Leben und ihrer aktuellen Situation nach. Ihre dadurch entstandenen Emotionen sollten für Außenstehende nach-fühlbar werden. Als lebende Skulptur „FRAGIL“ war sie eingeschnürt, gehemmt, behindert und forderte das Publikum zu eigenen 
Erinnerungen heraus.

Dadurch transformierte sie einstige oder aktuelle private Erfahrungen des „FRAGILEN“ – also individuelles Erleben – in universelle Bedeutung. Die positive Resonanz der Leute auf ihre Aktion war gewaltig.

Ausstellung „Fragil“ im Vonderau-Museum in Fulda

„Fragil“ heißt die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Fulda im Vonderau-Museum, die soeben eröffnet wurde. Auf drei Etagen stellen 59 Kunstschaffende des Vereins gut 133 fantastische Bilder, Fotografien, Installationen, Skulpturen und weitere Werke zum Thema „Fragil“ aus.

Allein die Vernissage wäre einen eigenen längeren Bericht wert. Denn durch das Eröffnungsprogramm führte die – nach eigenen Worten – „Fachkraft für Unterhaltung“ Wolf Mihm. Mit frechen Kabaretteinlagen, sanften Gesängen und einem Loblied auf die Ausstellung faszinierte er immer wieder die Eröffnungsgäste und anwesenden Künstler und Künstlerinnen. Unterstützt wurde er von der singenden Tänzerin Alexandra Pesolt, mit der er gemeinsam einen Sting-Song darbot. Der Leiter des Vonderau-Museums Frank Verse, von Mihm vorgestellt als „Boss der Bude“, verwies darauf, dass aktuell die Auseinandersetzung mit Fragilität viele Gewissheiten infrage stelle. Das Gemälde „Der Goldfisch in der Wüste“ drücke das für ihn am ehesten aus.

„Alles ist fragil, nichts ist stabil!“ 

Ins Programm flossen viele kurze Antworten auf die bereits zuvor gestellte Frage an die Kunstschaffenden des Vereins ein, was für sie der Begriff ‚Fragil‘ bedeute. Zunächst zog Mihm Zettel aus einer Kiste und rezitierte einige Antworten, später trugen Mitglieder aus dem Publikum selbst ihre Statements vor: Fragil ist für mich „…hoffentlich nicht der Ast auf dem ich sitze“, „…das Kribbeln eines ersten verliebten Blicks“ oder „…ein Spinnennetz auf einer feuchten Wiese.“ Zum Schluss tanzte Pesolt graziös einige vom Moderator ausgewählte Antworten: Fragil seien ein „Balanceakt“, „Konfetti in der Luft“ oder „Regentropen auf einen See“. 

Anne Härtel-Geise, die Frau, „die hier im Museum in den letzten zwei Wochen ihren Erstwohnsitz hatte“ (Mihm), trug eine schöne Rede zum Thema vor. Dann bekannte sie, dass die von ChatGPT inspiriert sei und machte mit Beispielen die Gefahren der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Kunst deutlich, verwies aber auch auf deren Möglichkeiten zur Unterstützung der künstlerischen Kreativität. Abschließend meinte sie, das Unerklärliche in der Kunst ließe sich eben nicht durch die KI erfassen!  

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Nur noch drei Wochen: „Plastic World“ in der Schirn

Bekanntlich ist die Schirn eine langgezogene Halle, die man in der Mitte betritt und sich nun entscheiden muss, ob man links oder rechts herum gehen will. Empfangen wird man zunächst von fröhlichen Objekten aus diversen Plastiksorten, wie den aufblasbaren „Nanas“ von Niki de Saint Phalle oder der hyperrealistischen Nackten, „Woman Leaning“, von John de Andrea.

Nur noch drei Wochen lang sind in der Ausstellung etwa 100 Arbeiten zeitgenössischer Kunstschaffender zum Thema „Plastic World“ zu erleben.Links herum, an einem Ende der Schau kann man die riesige traumartige Installation begehen, ein „Luft-Aquarium“, in dem gigantische Fabel-Meerestiere aus durchsichtigem Plastik unaufhörlich aufgeblasen werden. Zwei mächtige rote Seeanemonen-Sterne aus festerem rotem Kunststoff lassen zeitlupenhaft ihre Zacken hängen, erstarren und richten sie wieder auf. Die Künstlichkeit des Environments von Otto Piene orientiert sich an der Natur und entführt die Besucher in eine magische Unterwasserwelt, in der man – durchaus trocken – noch lange bleiben und meditieren möchte. 

Am anderen Ende des Saales fasziniert Berta Fischers ausgedehnte skulpturale Farbwolke „Garmion“, die aus kleinen farbenfrohen Plättchen zusammengesetzt ist. Das Werk hängt an zarten Fäden von der Decke, wirkt federleicht und wirft wunderbare Schatten (Bild unten). Auch am Schluss der Ausstellung verführt es zum Bleiben und Rumschlendern. Immer wieder entstehen beim Gehen um das schwebende Gebilde neue Aussichten und zarte Anmutungen: Ein wunderbares Erlebnis, das einem die Problematik des Materials vergessen lässt. „Verführerische Plastik“ heißt passenderweise dieser letzte Teil der Schau, in der sich weitere bezaubernde Arbeiten befinden.

„Plastic World“ bewegt sich in einem Spannungsfeld: Die Begeisterung der Pop-Artisten durch synthetische Materialien in den 1960er-Jahren ist ebenso zu spüren, wie die Lust späterer Kunstschaffender am Experiment mit plastischen Substanzen oder – bereits recht früh – ihr kritischer Umgang mit Plastikmüll. Auch viele Künstlerinnen fanden Gefallen an dem Werkstoff. 

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Die Ausstellung „Make Friends AND Art“

Kunstschaffende im Dialog – Ihre Antwort auf die documenta fifteen: In der aktuellen Ausstellung „Make Frieds AND Art“ präsentieren 32 Kunstschaffende Gemälde, Skulpturen und Installationen. Das umfangreiche Begleitprogramm begann mit einer Performance von Malerin Ulrike Kuborn und Musikerin Nirit Sommerfeld.

Im dynamischen Tanz umkreisen sich die Frauen auf der am Boden befestigten, eingefärbten Leinwand. Schubsen und schieben einander, reißen sich los. Gehen in die Horizontale, winden und wälzen sich auf der Unterlage. Umreißen ihre Silhouetten mit Stiften. Kämpfe, Annäherungen, Trennungen. Die Performance „Approach / Begegnung“ endet nicht harmonisch, sondern mit einem Moment der Ruhe.

Die Beiden haben „Make Friends AND Art“ exemplarisch ausgedrückt: Sich begegnen und Freundinnen zu werden ist ein schwieriger Prozess, kein einmaliger Akt, insbesondere wenn die Deutsche Kuborn auf die Deutsch-Israelin Sommerfeld trifft. Gleichzeitig ist ihre dramatische Begegnung als Kunstwerk festgehalten, das von Kuborn weiterbearbeitet wird. Im Hintergrund hängen zwei ihrer Leinwände mit dem Titel „Approach“, die ähnlich entstanden.

Nahe dieser „bewegten Bilder“ montierte Udo Breitenbach um ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel vier alte hölzerne Skulpturen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Auch diese Figuren scheinen innezuhalten, sich nicht (mehr) zu ärgern. Schließlich ist alles nur ein Spiel, in dem man Revanche fordern und sein Glück aufs Neue versuchen kann. 

Aber das Leben ein Spiel? An der Stirnwand des großen Saals installierte Robert Kunec seine angekokelten hölzernen Fahnenständer und provoziert damit Nachdenken über Fahnen als Symbole. Sie signalisieren Zugehörigkeit, Abgrenzung oder Widerstand, die Brandspuren verweisen darauf, dass daraus auch Kämpfe und Kriege entstehen.

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