„3 Türken und ein Baby“ – ein post-migrantischer Film ohne Türken

„3 Türken und ein Baby“, der neue Film des Regisseurs Sinan Akkuş, erzählt vor der Kulisse Frankfurts die Geschichte von drei deutsch-türkischen Brüdern, die nicht erwachsen werden wollen. Nach seiner Erfolgskomödie „Evet – ich will“ machte der türkischstämmige Filmemacher Sinan Akkuş eine Pause, weil er Vater einer Tochter wurde. Auf die Frage seiner Produzenten, welches Thema ihn denn interessieren könnte, antwortete er: „Na ja, so was wie drei Türken und ein Baby.“ Und tatsächlich: Aus dieser Idee entstand der gleichnamige Film.

Es geht um die drei Yildiz- Brüder. Sie leben in der Wohnung ihrer gestorbenen Eltern und schlagen sich mühsam mit dem geerbten Brautmode- laden „Istanbul“ durch. Der dicke Sami (Kida Ramadan) findet keine Frau, flippt bei jeder Kleinigkeit aus und macht einen Anti-Gewaltkurs. Mesut (Eko Fresh) spielt in einer Hillbilly-Kapelle in der Frankfurter B-Ebene und versucht ein guter Muslim zu werden. Und Celal (Kostja Ullmann) begegnet zu- fällig seiner alten Liebe Anna (Jytte-Merle Böhmsen), die jetzt ein Kind hat und nichts mehr von ihm wissen will.

Während des Treffens wird sie von einem Auto angefahren, fällt ins Koma und Celal hat plötzlich die einjährige Nala (Clara) im Arm. Es gelingt ihm nicht, das hinreißende kleine Mädchen loszuwerden, „Sie haben Ihr Kind vergessen!“, rufen ihm überall die Leute hinterher. Eine anatolische Krankenschwester ermuntert ihn auf der Unfallstation: „Wir Türken können doch gut mit Babys umgehen.“

Celal hat gerade den Schmuck der Mutter versetzt, um die Mietschulden für den Laden zu bezahlen. Doch das Geld reicht nicht, gemeinsam mit dem Baby verzockt er alles im Spielcasino. Weil Annas Angehörige nicht zu erreichen sind, nimmt er Nala mit in seine Chaos-WG. Wie zu erwarten, verändert die Kleine das Leben aller drei Brüder. Doch die Geldnot bleibt, Celal versucht es schließlich im Escort-Service für ältere Damen und mit Nackttanz in einer Bank.

Nach einigen unerwarteten Wendungen gibt es in dieser leichten Wohlfühl-Komödie natürlich auch ein Happy End. Der Film ist wahrlich kein großes Kino, aber es gibt viel zu lachen. Mal sind die Späße intelligent, etwa wenn Celal alte Damen becirct oder der fromme Mesut dem Baby ein Kopftuch verpasst. Manchmal sind sie eher flach: „Ihr könnt ruhig im Stehen pinkeln“, meint der Anti-Gewalt-Trainer, nachdem er die obdachlos gewordenen Brüder aufnimmt. „Wie soll man denn sonst pinkeln?“, fragt Sami. Oder Celal bestellt einen Café Latte. „Den gibt’s jetzt auch vegan“, meint die Bedienung. „Hä? War da sonst Fleisch drin?“, fragt Celal verwundert.

„3 Türken und ein Baby“ spielt im szenigen Frankfurt- Sachsenhausen, das Leben türkischer Migration in Deutschland ist dabei kein Thema. Der Film trägt das Türkische nur im Titel und ist eine, im besten Sinne, post-migrantische Komödie. Denn als Filmfiguren (und auch im wirklichen Le- ben) sind die Yildiz-Brüder Deutsche. Der libanesisch- stämmige Khodr Ramadan ist in Berlin aufgewachsen. Der als Rapper bekannt gewordene Eko Fresh ist in Köln geboren. Und der türkischstämmige Regisseur Sinan Akkuş machte sein Abitur in Kassel. Der mit einer halbindischen Mutter in Hamburg aufgewachsene Kost- ja Ullmann verpasste sich während der Dreharbeiten immerhin zwei Pünktchen – und wurde zum Üllmann.

Sie alle müssen sich hier nicht integrieren, sind aber gleichsam mit den Herkunftsländern ihrer Eltern verwoben. Durch solche Menschen, die in mehreren Kulturen zu Hause sind, hat sich Deutschland stark verändert. In diesem weiter andauernden und derzeit so heftig diskutierten Prozess krachen weiterhin unterschiedliche Lebensstile und Werte aufeinander – da- von lebt diese schräge Culture-Clash-Komödie.

„3 Türken und ein Baby“ Deutschland 2014. Regie: Sinan Akkuş. Darsteller: Kostja Ullmann, Kida Khodr Ramadan, Eko Fresh. 98 Minuten. Ab 12 Jahren. Seit dem 22. Januar im Kino

Foto: Egoli Tossell Film/Wild Bunch Germany/Vanessa Fuentes