Der Mousonturm präsentiert im Rahmen seiner aktuellen Tanz- und Theaterreihe „Tod und Auferstehung“ auch drei Solostücke Jan Fabres. Zwei Arbeiten des Bildenden Künstlers und Choreografen waren bereits zu sehen, das letzte Stück wird heute und morgen Abend gezeigt.
In „Preparatio Mortis“ (Vorbereitung zum Tod) sitzt das Publikum lange im Dunklen. Schrille Orgeltöne wechseln mit brausenden tiefen Akkorden. Eine moderne Toccata für eine Trauergemeinde. Nach und nach wird ein mit Chrysanthemen bedeckter Schrein im fahlen Bühnenlicht sichtbar. Stille. Lange bewegt sich der Blumenberg raupenhaft, bis aus ihm allmählich eine Hand, ein Arm, blonde Haare auftauchen. Erneut dissonante Orgelklänge. Mit eigenartigen Bewegungen befreit sich eine Frau in schwarzer Unterwäsche aus den Blumen, löst sich akrobatisch vom gläsernen Sarkophag.
Zeitlupenhaft bewegt sie sich auf der völlig mit Blumen bedeckten Bühne, ist hin- und hergerissen zwischen Erstarrung und zitternden Bewegungen. Sie klammert sich an Pflanzen, wälzt sich wie rasend darin, wirft sie fröhlich in die Luft, zerdrückt sie zornig. Immer wieder sackt sie zusammen, ringt stöhnend nach Luft. Plötzlich Stille und lange Dunkelheit.
Im schwachen Licht bewegt sich die jetzt nackte Frau unendlich achtsam in dem gläsernen Sarg zwischen großen lebenden Schmetterlingen. Mit weißer Farbe beschmiert sie das Glas mit obszönen naiven Malereien. Manchmal schaut sie ins Publikum. Winkt. Sucht vergeblich Kontakt, während das Licht langsam erlischt.
Kann man Tod ohne Pathos, dennoch würdig und mit einem Hauch von Humor, in seiner Widersprüchlichkeit darstellen? Die Tänzerin Annabelle Chambon lässt uns am Prozess des Sterbens mit Zweifeln und Hoffnungen, Loslassen und Festkrallen Anteil nehmen. Sie stirbt nicht real – natürlich sind wir im Theater! Doch sie schauspielert und tanzt nicht, sie versucht sich körperlich-empathisch dem Abschied vom Leben anzuverwandeln.
„Attends, attends…“ (Warte, warte) ruft der Tänzer Cédric Charron oft seinem nicht sichtbaren Vater zu. Das gleichnamige, zweite Solostück Fabres basiert auf einem Brief Charrons an den Vater, in dem er um Verständnis für sein Leben als Künstler fleht. Auf der Bühne wabert dichter Nebel, der verweht und wieder erneuert wird. Dazwischen Charron mit einem riesigen Stab, den er in einen ihn durchbohrenden Speer, einen Phallus und andere Dinge verwandelt. Zwischendurch tanzt er mit freien bizarren Bewegungen oder spricht seinen poetischen Brieftext. Im Nebel mit dem wechselnden Licht sind das starke Bilder des Suchens und der Hoffnung, die viele eigene Assoziationen bei den Betrachtern hervorrufen können.
Fabre hat sich in seinem Bilder- und Bewegungstheater oft dem Tod und der Erotik gewidmet, manchmal mit sehr monumentalen Arbeiten („Je suis sang“ im Papstpalast in Avignon). In den 90er-Jahren machte er mit William Forsythes Tanzcompagnie in Frankfurt Erfahrungen als Choreograf. Seitdem kennt er den Tänzer Antony Rizzi, der das dritte Solostück „Drugs kept me alive“ performt, in dem es um die Auseinandersetzung mit Krankheit, Rausch und Überleben geht.
„Drugs kept me alive“ am 31. 3. / 1. 4.
Die gesamte Passionsreihe wird am 16. April mit einer Musik-Performance der Spanierin Angélica Liddell abgeschlossen.