„Fragil“ heißt die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Fulda im Vonderau-Museum, die soeben eröffnet wurde. Auf drei Etagen stellen 59 Kunstschaffende des Vereins gut 133 fantastische Bilder, Fotografien, Installationen, Skulpturen und weitere Werke zum Thema „Fragil“ aus.
Allein die Vernissage wäre einen eigenen längeren Bericht wert. Denn durch das Eröffnungsprogramm führte die – nach eigenen Worten – „Fachkraft für Unterhaltung“ Wolf Mihm. Mit frechen Kabaretteinlagen, sanften Gesängen und einem Loblied auf die Ausstellung faszinierte er immer wieder die Eröffnungsgäste und anwesenden Künstler und Künstlerinnen. Unterstützt wurde er von der singenden Tänzerin Alexandra Pesolt, mit der er gemeinsam einen Sting-Song darbot. Der Leiter des Vonderau-Museums Frank Verse, von Mihm vorgestellt als „Boss der Bude“, verwies darauf, dass aktuell die Auseinandersetzung mit Fragilität viele Gewissheiten infrage stelle. Das Gemälde „Der Goldfisch in der Wüste“ drücke das für ihn am ehesten aus.
„Alles ist fragil, nichts ist stabil!“
Ins Programm flossen viele kurze Antworten auf die bereits zuvor gestellte Frage an die Kunstschaffenden des Vereins ein, was für sie der Begriff ‚Fragil‘ bedeute. Zunächst zog Mihm Zettel aus einer Kiste und rezitierte einige Antworten, später trugen Mitglieder aus dem Publikum selbst ihre Statements vor: Fragil ist für mich „…hoffentlich nicht der Ast auf dem ich sitze“, „…das Kribbeln eines ersten verliebten Blicks“ oder „…ein Spinnennetz auf einer feuchten Wiese.“ Zum Schluss tanzte Pesolt graziös einige vom Moderator ausgewählte Antworten: Fragil seien ein „Balanceakt“, „Konfetti in der Luft“ oder „Regentropen auf einen See“.
Anne Härtel-Geise, die Frau, „die hier im Museum in den letzten zwei Wochen ihren Erstwohnsitz hatte“ (Mihm), trug eine schöne Rede zum Thema vor. Dann bekannte sie, dass die von ChatGPT inspiriert sei und machte mit Beispielen die Gefahren der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Kunst deutlich, verwies aber auch auf deren Möglichkeiten zur Unterstützung der künstlerischen Kreativität. Abschließend meinte sie, das Unerklärliche in der Kunst ließe sich eben nicht durch die KI erfassen!
Die Ausstellung bietet eine vorher nicht geahnte Bandbreite von Werken zum Thema. Am konsequentesten äußerte sich eine Künstlerin in ihrer Performance. Sie sei keine Klimakleberin, sondern zeige die Fragilität des Lebens erklärte Mihm. Regungslos, mit geschlossenen Augen und verklebt mit Fragile-Bandagen saß sie während der Eröffnung auf einem Stuhl und präsentierte ihre eigene Verwundbarkeit. Persönlich ähnlich dran am Thema ist auch eine Künstlerin, die ihr eigenes zerrissenes Porträt wieder zusammenflickte („Repariert, weil es wichtig war“).
Zunächst fallen auf jeder Etage spektakuläre Skulpturen und Installationen ins Auge. Eine Wolke aus zahllosen kleinen Papierkranichen flattert einem im Erdgeschoss entgegen: „Als flögen sie davon“. In der „Luftbrücke“ schweben Fallschirme aus Taschentüchern vom Himmel, mit hoffnungsvollen Botschaften wie „Frieden“, „Kultur“ oder „Humanität“ in kleinen Beuteln. 600 Kinderbrillen wurden als „Fragile Realität zu einer mächtigen Kugel zusammengesteckt. Eine freischwebende Gießkanne scheint einen Baumstumpf zu wässern („Schwarzer Montag, auf zur Bank“) Hier sind neben vielen anderen Bildern auch das oben erwähnte Gemälde vom Goldfisch oder die „Halbschlafträume“ zu sehen, in denen Menschen unter einem Rieseninsekt kauern.
In der mittleren Etage flattern 48 „Himmelsgespinste“ in der Luft. Kaputte Teller wurden mit dicken Fäden genäht. Ein bizarrer „Engel“ schwebt im Raum, eine riesige Eichenholzskulptur bildet als „Feder“ seltsamerweise einen Wall. Neben diesen Objekten im Raum zeigen Fotos hauchzarte Lichtspiele mit „Schmetterlingen“ oder einem „Kleeblatt“, gemalte Kinder blasen Seifenblasen, üppige Körper drängen sich in einem Gemälde als „Fragile menschliche Verbindung“ aneinander. Eine große Stoffcollage zeigt die „Zerstörung der Gedanken“, die teilweise symbolisch auf dem Boden liegen.
Im obersten Stock, auf dem Weg zur Naturkunde, werden weitere kleinere Skulpturen, viele Bilder und filigrane Schmuckstücke gezeigt, die man nicht verpassen sollte. Insgesamt changiert die Ausstellung zwischen Schönheit und Bedrohlichkeit, abstrakten oder konkreten Gestaltungen, politischen oder zwischenmenschlichen Klagen. Aber immer wieder werden die Brüche humorvoll oder ironisch gemildert. Und man weiß ja, allein die künstlerische Formgebung schafft bereits per se Distanz zur Überwältigung durch Unbilden oder Bedrohungen!
Die englischen oder französischen Titel wurden ins Deutsche übersetzt.






