„Altäre, Götzen und Dämonen“ – spannende Ausstellung im Fuldaer Kunstverein

Nach zwei bereits eindrucksvollen Ausstellungen in seinen neuen Räumen präsentiert der Kunstverein abermals interessante künstlerische Arbeiten. Zu sehen gibt es Hubert Baumanns Skulpturen aus bearbeiteten Fundstücken sowie Stephan Pfeiffers Collagen als Tafelbilder.

Während der Vernissage schreitet die Saxophonistin Ulrike Schimpf von Werk zu Werk und entlockt ihrem Instrument improvisierte Töne. Die schrillen, sanften oder aufschreckenden Klänge kommunizieren mit den Arbeiten der Bildenden Künstler und umschreiben sie musikalisch.

Eine schwarze eiserne Figur liegt auf einem roten Blech. Verzweifelt? Geschlagen? Darüber scheint eine blecherne Menschenfigur zu fliegen, zu tanzen, sich zu erheben. Doch der „Homo Erectus“, so der Titel des Objekts, ist in eine angedeutete Kugel eingesperrt – oder befreit er sich gerade daraus? Manche der von Baumann geschaffenen Skulpturen wirken zunächst sehr einfach und doch geben sie Rätsel auf.

Dagegen sind die hölzernen Schreine des Künstlers wesentlich komplexer, im „Tubinakelaltar“ oder „Ogonaltar“  vermischt er abendländisch-christliche mit afrikanisch-kultischen Elementen. Diese Altäre halten die religiöse und kulturelle Diversität in Spannung und versöhnen sie zugleich. Aber Baumann verbreitet keine Friedens- oder religiösen Botschaften, am Anfang seiner Arbeit steht immer die strenge ästhetische Gestaltung. Mit einem Plasmaschneider schneidet er meist zweidimensionale Figuren aus dünnen Blechen heraus, schweißt sie aneinander oder fügt sie mit anderen eisernen oder hölzernen Teilen zusammen.

Eine erotische Göttin hockt in einer eigenartigen Pose auf dem collagierten Bild „Fruchtbar“, auf einer anderen Arbeit öffnen sich asiatische Türen, auf denen ein mythologisches Wesen schwebt („Etwas verschwindet“). Ein zerrissenes T-Shirt hängt als Träger eines Collagenfotos frei im Raum. Pfeiffer fügt in seinen Gestaltungen gefundene Fotos und Illustrationen sowie eigene Malereien zusammen. Seine originalen oder reproduzierten Collagen bestehen aus bekannten, manchmal alltäglichen Motiven, doch sie sind zugleich geheimnisvoll. Beim Betrachten beider Werkgruppen der bayrischen Künstler, die zum ersten Mal gemeinsam ausstellen, gibt es keinen vordergründiger Aha-Effekt. Im Gegenteil, je länger man sich mit ihren Arbeiten beschäftigt, um so stärker provozieren sie eigene Assoziationen und Fantasien.

wpo-Kunstverein-götter-4381Bereits in der letzten Ausstellung „Die Anderen“ zeigte Alexander Litwinow seine Skulpturen aus bearbeitetem Schrott. Auch die Kleinsassener Kunststation präsentiert derzeit aufgewertete Arbeiten aus wertlosen Materialen. Vielleicht können alle diese Ausstellungen (über die wir berichteten) auch Menschen Zugang zur zeitgenössischen Kunst eröffnen, die sonst wenig damit anfangen können. Die verwendeten alltäglichen oder weggeworfenen Materialien sind für jeden Betrachter erkennbar. Jedoch die Künstler verwandeln sie durch ihre Gestaltung – nachvollziehbar – in interessante Kunstwerke mit eigener Realität.

Viele Fuldaer und Touristen kommen durch die neue Lage des Kunstvereins an dessen Pforte oder im Dahliengarten am Hintereingang vorbei und betreten neugierig die Räume. „Das Publikum hat sich vervielfacht“, erklärt Anna Härtel-Geise, Vorsitzende des Kunstvereins: „Die Besucher sind begeistert, wie gut sich die Artefakte in die uralten Räume zu einem Gesamtkunstwerk fügen.“

„Altäre, Götzen und Dämonen“ – der religiöse Titel der Schau ist ein wenig augenzwinkernd gemeint, doch die Arbeiten Baumanns und Pfeiffers können auch tief berühren, wenn man sich auf sie einlässt.

INFO:
Die Ausstellung ist noch bis zum 19. August 2018 donnerstags bis sonntags von 15 – 18 Uhr geöffnet. Kunstverein Fulda, Habsburger Gasse 2 (am Dahliengarten zwischen Hexenturm und Bonifatiusplatz)

Fotoarbeiten „Werke von Hubert Baumann“ © Hanswerner Kruse