Kleines Nachschiebsel…
Was gab es für sperrige, poetische oder mutige Beiträge in allen Sektionen der 68. Berlinale. Keine Frage, die Festspiele haben in ihrer Spannweite, Filmqualität und Besucherzahl erneut die internationale Einzigartigkeit demonstriert. In 385 Filmen aus 78 Ländern wurde die globale Vielfalt des zeitgenössischen Kinos präsentiert und vom Publikum angenommen.
Umso ärgerlicher ist die Auswahl des Therapiefilms „Touch Me Not“ für den Goldenen Bären aus vielen guten Wettbewerbsbeiträgen. Das prämierte Machwerk ist KEIN Schocker oder Skandalfilm, weil distanzlos die intimen Begegnungen nackter, auch schwerstbehinderter Menschen gezeigt werden.
Vielmehr ist der peinliche Skandal die Prämierung eines Films, der mit therapeutischem Gerede und körperlicher Selbsterfahrung der 1970er-Jahre (die wohl in Rumänien nachgeholt werden muss) keine cineastische Gestaltung unternimmt. Die in klinisch weißen Räumen abgefilmten therapeutischen Sitzungen oder im Swinger-Club milchig verschleierten Gang-Bang-Sexszenen, sind trivial aber nicht experimentell. Dazu werden die Klienten kurzerhand als Schauspieler definiert, obwohl sie immer sie selbst bleiben.
In der Pressekonferenz forderte die sendungsbewusste Regisseurin, im Kino sollten durch ihren Film intime Räume entstehen, in denen sich das Publikum öffnen und selbst befragen müsse, daher in ihrem Sinne intim miteinander werden könnte. Also das ist der Suizid des Kinos und kann nun wirklich nicht die Antwort auf Netflix und andere, die Lichtspielhäuser bedrohende Streaming-Dienste sein.
Der rote Berlinale-Teppich wurde zwar nicht schwarz gefärbt. Doch sehr erfreulich ist auf dem Hintergrund der #MeToo-Debatte, dass wesentlich mehr Regisseurinnen (33%), Drehbuchschreiberinnen (33%) oder Produzentinnen (30%), als im Filmgeschäft üblich, bei der Berlinale berücksichtigt wurden:
Es geht voran!