Ein irrer Film und besser als sein Titel „Dora – oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“

„Dora – oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern“ ist kein sozialpädagogisches Rührstück, sondern ein schriller, herausfordernder Spielfilm über ein junges, geistig behindertes Mädchen, das hemmungslos seine Lust ausleben will. Der herausragende Film mit dem seltsamen Titel kommt jetzt in die Kinos.

Dora (Victoria Schulz) hat blaue Flecken, nachdem sie lange den schönen Peter (Lars Eidinger) verfolgte und der sie dann – naja, das ist die Sicht ihrer Eltern – vergewaltigte. Dem schönen Mädchen mit der geistigen Behinderung gefällt der ruppige Sex sehr gut, während ihre Eltern außer sich sind. Die alarmierte Polizei unternimmt nichts, denn Dora ist mündig und hat keine gesetzliche Betreuung.

Ihre stark sedierenden Medikamente hat die Mutter (Jenny Schily) am 18. Geburtstag abgesetzt: Verwischte Nahaufnahmen, verschwommene Hintergründe in wackelig gefilmten Bildern lassen uns Zuschauer die jahrelange Dämpfung von Doras Wahrnehmung erahnen. Doch nun wird das ganze Leben eine aufregende Entdeckungsreise für das aus ihrem Dornröschenschlaf geweckte Mädchen. In der Badewanne spielt sie unter den Augen der Mutter an sich herum, von ihrem Vater will sie Zungenküsse, sie begrabscht den Mann einer Freundin und fordert: „Ich will auch ein Paar sein!“ Aber Dora spürt auch ihre Behinderung, „Ich bin kein Mongo!“, kreischt sie die Eltern an, „ich will nicht anders sein.“ Immer wieder trifft sie Peter zum hemmungslosen Sex, ihre Eltern verzweifeln und spüren offensichtlich die eigene Verklemmtheit. Weiterlesen

„Als wir träumten“ – Andreas Dresens ebenso harte wie einfühlsame Bestseller-Verfilmung

Regisseur Andreas Dresen präsentierte seinen neuen Film „Als wir träumten“ vor kurzem auf der Berlinale. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Clemens Meyer wurde auf dem Festival kontrovers diskutiert. Jetzt kommt jetzt er in die Kinos.

Der Film beginnt in der finsteren Ruine eines abgebrannten Kinos: „Mark!“, ruft jemand in die Dunkelheit, „Mark?“. Dani (Merlin Rose), der Besucher aus der Vergangenheit, und der drogensüchtige Mark (Joel Basmann) reden über alte Zeiten im Leipziger Osten: Bei den Wehrübungen der Jungen Pioniere hofften sie, an die Brüste der größeren Mädchen dotzen zu können. In der Wendezeit erfreuten sie sich noch an Mikrowellen und Softpornos aus dem Westen. Streiflichtartig skizziert der Film mit diesen Rückblenden jene frühen Jahre, nach denen die Jugendlichen dann ihre wilden Träume leben wollen:

„Wir sind die Größten!“, brüllen sie angesoffen aus geklauten West-Autos. Sie gründen einen illegalen Techno Club in einer alten Fabrik, das „Eastside“, mit dem sie richtig Geld verdienen. Die Mädchen, die sie gerne hätten, kriegen sie dennoch nicht, nackt sieht Andi sein geliebtes „Sternchen“ (Ruby O.Fee) nur in der Striptease-Bar… Weiterlesen

Zum Ende der 65. Berlinale (Kommentar)

Die Filmfestspiele in Cannes sind glamouröser, die in Venedig ambitionierter? Na und? Mit über 320.000 privaten Besuchern ist die Berlinale das größte Zuschauerfestival der Welt, mehr als 20 Millionen Euro fließen dadurch in ihre Kasse. Von wegen fehlende Programmatik oder unzureichend kuratiert: In einem Dutzend Sektionen liefen 441 Filme – vom Märchentraum für die ganze Familie bis zum experimentellen Geflimmer, vom Politthriller bis zum Genderporno. Und vor allem jede Menge einfach nur gut erzählte, sehenswerte Filme.

Dazu fanden bei den Festspielen Minderheiten, Unterdrückte und Ausgegrenzte aus aller Welt ein cineastisches Forum. „Durch den Film sind wir mit den Problemen dieser Welt verlinkt“, meinte Festivalleiter Dieter Kosslick. Völlig zu Recht bekam deshalb der im Iran mit Berufsverbot belegte und politisch verfolgte Filmemacher Jafar Panahi den Goldenen Bären für seinen subversiven Wettbewerbsbeitrag „Taxi“. Eigentlich gilt ja für die Beurteilung eines Films, dass eine geniale Idee noch kein gutes Werk ausmacht.

Doch in Zeiten, in denen Künstler für die Freiheit der Kunst sterben, darf auch die Kunst für die Freiheit der Künstler kämpfen. Panahis listiges Meisterwerk ist kein Jammerfilm, sondern zeigt – oft sehr humorvoll – Menschen im iranischen Alltag unter der Mullah-Diktatur. Weiterlesen

„SZENEN AUS DER FILMSTADT“ Berlinale-Blog (9) 14. Februar

Morgens am Promi-Eingang 20, 30 angekettete Leitern, die auf ihre Fotografen warten.
„Was ist heute für ein Wochentag?“, frage ich herum
Ein blindes Paar erkundet mit weißen Stöcken den ehemaligen Mauerverlauf. „Das sieht (!) alles interessant aus“, meint der Mann zur Frau.
Im Starbucks gibt es während der Festspiele nur Pappbecher.
Im Männerklo pinkelt ein Mann stehend mit einem ganzen Apfel im Mund.
Ich hasse ich es, wenn Zuschauer im Kino während des Abspanns ihre Popcorn-Eimer fallen lassen und rausrennen. Auf dem Festival muss ich sofort abhauen, kann den Film nicht nachklingen lassen, um noch in die Pressekonferenz zu kommen.
In der Pressekonferenz fotografiert der Schauspieler Johann von Bülow die Phalanx der Fotografen.
„Was ist heute für ein Wochentag?“, frage ich herum.
Du musst den Deckel abmachen“, sagt Jürgen Vogel, als ich ihn fotografieren will. Lars Eidinger,
den ich neulich für diese Zeitung interviewte, winkt mir vom Podium aus zu.
Die Ehrenfotografin der Berlinale schlurft in die Presskonferenz, zieht ihre abgeschabte Tasche wie einen Hund hinter sich her. Sie ist winzig klein mit gelb gefärbten Haaren, immer in Lederklamotten und wird bestimmt bald 90.
Ich schimpfe, weil Spanier im Schreibzimmer lautstark Party machen. „So deutsch!“, meckern sie zurück… Weiterlesen

„Die Chinesen…“ „Berlinale Blog (8) 13. Februar

Kampfszenen und Liebesschmalz mit schönen chinesischen Menschen zu exotischer Musik. Ein visuelles Chaos zwischen Peking-Oper und Traumwelt. Trotz deutscher Untertitel verstehe ich – nichts. Ich traue mich nicht zu gehen, weil ich mitten in der Reihe sitze. Nach zwanzig Minuten bringen mich die grellbunten Farben, der Rhythmus des Films, die exotische Sprache in eine Art Trancezustand: „Manchmal lohnt sich das Warten!“.

Dieser Wettbewerbsbeitrag wirkt, bei nüchterner Erinnerung, wie viele aneinandergereihte Kurzfilme. Auch die haben als „Shorts“ auf der Berlinale ihren eigenen Wettbewerb, obwohl sie als Vorfilme im Kino keine Rolle mehr spielen. Längst wurden sie durch Werbung für neue Filme („Trailer“) und sonstige Waren oder Musikclips ersetzt. Gestern machte ich mir einen Kurzfilmtag und sah einige interessante Clips – verträumte, realistische, ungewöhnliche. Andere waren eher langweilig, unansehnlich, wenig überzeugend. Doch zum Glück wusste ich jeweils, das ist in wenigen Minuten vorbei, danach kommt der nächste Clip:

Ein Vater trifft seinen Jungen, sie sind sich fremd, reden, schweigen, boxen, nähern sich an. Dann ist die Sprechstunde im Gefängnis vorbei.

Oder Hochhausbilder, Stadtlandschaften, unfertige Gebäude aus denen seltsame organische Gebilde quellen und wieder zerfließen… Weiterlesen

„Das Fernsehen auf der Berlinale?“ Blog (7) 12. Februar

Entweder Du holst mich hier raus oder ich hole Dich rein“, droht im Knast der verhaftete Kommissar Blochin (Jürgen Vogel) seinem Kollegen. So offen endet der erste Teil der spannenden neuen TV-Serie „Blochin“. Zur Premiere auf der Berlinale (!) hatte Kinoregisseur Matthias Glasner („Gnade“) seinen Lieblingsakteur Vogel und zahlreiche weitere bekannte Schauspieler mitgebracht.
Kommissar Blochin war früher tief in die organisierte Kriminalität verstrickt und kennt immer noch zahllose Gangster. Nun führt er mit seiner MS-kranken Frau und Tochter ein neues Leben, bis ihn die Vergangenheit einholt. „Blochin“ sollte im ZDF eigentlich eine jeweils 90-minütige, in sich abgeschlossene Reihe werden – wie etwa „Bella Block“. „Aber dann war der Sender mutig genug, daraus eine Serie zu entwickeln“, freut sich Glasner. „Es wird nicht so viel ermittelt, die Figuren  verändern sich im Laufe der Zeit.“
Der erste, auf dem Festival präsentierte Teil ist mutig und experimentell erzählt, er ähnelt eher dem französischen Film Noir als manchem „Tatort“ mit dessen dröger Ermittlungsarbeit. Düstere Bilder, eine unrealistische Handlung – wie kann ein ehemaliger Verbrecher Kommissar werden? Beschwerden der Polizei und der Zuschauer sind zu erwarten, wie seinerzeit bei Dominik Grafs grandioser, aber gefloppter Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ bei der ARD. Glasner ist dennoch euphorisch: „Im deutschen Fernsehen herrscht Aufbruchstimmung, es kündigt sich ein schönes neues Zeitalter an!“

Seit 2014 zeigt die Berlinale in einer eigenen kleinen Sparte TV-Serien. Das Ziel ist wohl nicht, im digitalen Zeitalter das oft totgesagte Kino zu retten. Eher scheint es, als wolle das Fernsehen auf dem Festival beweisen, dass es auch Aufregendes und Neues entwickeln kann. „Blochin“ ist durchaus leinwandtauglich, aber der Termin für den Serienstart ist noch ungewiss.

Foto (c) ZDF: Serienfoto aus „Blochin“

„Die Filmverrückten…“ Berlinale-Blog (6) 11. Februar

Im riesigen plüschigen Saal des Berlinale Palastes wird es dunkel, dramatische Musik, ein Spot auf eine Saaltür, die Ansage „Ladies and Gentleman…“ Hier werden mit den Filmemachern und Akteuren alle Wettbewerbsfilme als festliche Gala gezeigt. Festivalleiter Kosslik führt die quirlige polnische Regisseurin Malgorzata Szumowska („Das bessere Leben“) mit ihren Schauspielerinnen durch den Saal.
Das Publikum, das überwiegend aus „normalen“ Menschen und nicht aus Promis besteht, ist begeistert. Davor konnte man ihnen auf einer Leinwand beim Produzieren ihrer Selfies zusehen. Ich hatte etwas herumgefragt, viele Zuschauer kennen Szumowskas Filme aus vergangenen Jahren oder hatten davon in den Medien gehört. Etliche kamen aus dem nahen Polen, weil sie dort eine geliebte und bekannte Filmemacherin ist. Die Karten für diese Welturaufführung waren erschwinglich und relativ leicht zu bekommen. Ich bin etwas beschämt, dass ich jahrelang auf den „Roten Teppich“ und das Theater drumherum so blasiert herabsah. Die filmbegeisterten Menschen werden würdig behandelt, schnuppern zu einem fairen Preis an der Filmwelt.
Um Mitternacht gehe ich nach dieser Gala durch die „Arkaden am Potsdamer Platz zur U-Bahn. Einige Kinofans schlafen bereits in Schlafsäcken vor den Kartenhäuschen, die morgens um zehn Uhr geöffnet werden. Ein Pärchen, so um die 50 Jahre alt, bereitet gerade sein Nachtlager vor. Es sind „Kinoverrückte“, die sich hier vor vielen Jahren kennenlernten. Sie geht seit 27 Jahren, er seit 35 Jahren zur Berlinale. Für das Festival nehmen sie Urlaub („Das sind unsere Ferien!) und schauen mindestens 40 Filme. Fünf- bis sechs Mal übernachten sie in den Arkaden – und bekommen für alle ihre Wunschfilme Tickets, die man drei Tage vor den Aufführungen kaufen kann. “Der Film ist die perfekte Kunstform“, erklären sie ihre Kinolust.
Ich bin heute sehr berührt von diesen leidenschaftlichen Cineasten und empfinde großen Respekt für sie!

„Die Freiheit des Andersfilmenden…“ Berlinale Blog (5) 10. Februar

Ich staune, wie schnell die Zeit vergeht: Heute ist schon die Halbzeit des Festivals und ich schreibe etwas über Ärger und Aufregung. Eine Unsitte ist es, in Pressekonferenzen große Aufnahmegeräte in die Luft zu halten. „Könnt ihr die Tablets runternehmen? Das ist ja widerlich“ entfuhr es mir – das Zitat fand tags darauf Eingang in die „Berliner Zeitung“. Die Verkehrsverhältnisse und das Schlangestehen (auch der Journalisten) sind ebenfalls entsetzlich; an Schlaf ist nicht zu denken. Trotzdem bin ich glücklich, denn ich habe schon sehr viele, sehr unterschiedliche Filme gesehen und kann die übliche Festivalkritik nicht nachvollziehen. Etwa das Gemecker über „Mainstream“: Einige Wettbewerbsfilme, die mit Juliette Binoche am Nordpol oder Nicole Kidman in der Wüste, sollte man nur im Kino mit riesigen Leinwänden sehen. Ich tauche lustvoll in die opulenten Bilder ein, aber klar, diese Filme sind nichts für Arthouse-Fans oder gar das Fernsehen. Andere Arbeiten sind zwar interessant, bedienen aber wohl meher das TV-Format und sind von großen Leinwänden überfordert. Sebastian Schippers „Victoria“ im Wettbewerb ist dramaturgisch und vom Gewackel her eher ein Handyfilm. Diese cineastische Zumutung bildet fast in Echtzeit den Alltag und das dröge Gelaber von Berliner Jugendlichen ab. Natürlich, „Die Freiheit des Filmemachens ist immer die Freiheit der Andersfilmenden“, verfremdet eine Zeitung das berühmte Zitat Rosa Luxemburgs. Und so soll es sein – die ganze Weite des aktuellen Kinos ist auf der Berlinale vertreten. Das Genöle einiger Kollegen, die „bleiernen“ Festspiele „bieten einen konturlosen Anblick, bräuchten den „Ausweg aus der Beliebigkeit“ und „ein klares Programm“ ist schlicht nicht nachvollziehbar. Die Berlinale, das größte Publikumsfestival der Welt, lebt gerade von diesen unglaublichen Gegensätzen.

Kleines Nachschiebsel zum neuen Film von Andreas Dresen „Als wir träumten“, nach dem gleichnamigen Roman von Clemens Meyer. Der Film hat ein ähnliches Thema, Leipziger Jugendliche machen in der Wendezeit die Straßen und Nächte unsicher. Aber Dresen versteht sein cineastisches Handwerk, auch wenn ihm eine Kollegin in der Pressekonferenz „seine Handschrift“ absprechen wollte und „verwirrt“ war. „Ich habe den Film mit sehr viel Herzblut gemacht“, meinte der Regisseur, „wenn es bei Ihnen nicht angekommen ist, tut es mir leid.“ Das sehenswerte Werk kommt schon am 19. Februar in die Kinos, ich werde es einige Tage vorher hier besprechen.

„Indigene Filme…“ Berlinale Blog (4) 8. – 9. Februar

Ein quietschender Eber wird von den zwei Maya-Frauen zur Sau gezerrt, dann wird die jüngere Frau zu Verhandlungen für ihre Hochzeit geschmückt. Sau und Braut wollen nicht so recht und bekommen ordentlich Schnaps aus der Flasche. Eine Szene aus dem Wettbewerbsbeitrag „Ixcanul“, den der weiße Regisseur – auf der Pressekonferenz – zum „indigenen Film“ über die Nachfahren der Mayas in Guatemala erklärte.

Seit einigen Jahren werden indigene Werke, also Filme über die ursprünglichen Bewohner vieler Länder, sogar in einer eigenen Reihe auf der Berlinale gezeigt. Die Sparte „NATIVe“ will das Wissen, die Traditionen und die Kultur aussterbender Völker zeigen.

Natürlich werden den Eingeborenen keine Kameras zum Experimentieren in die Hand gedrückt, sondern indigene Filmemacher selbst versuchen die Lebensart ihrer Völker cineastisch zu bewahren.“

Auch in den anderen Bereichen der Berlinale laufen solche Filme, in denen nicht-indigene Regisseure sich des Themas annehmen. Ein anderer Wettbewerbsfilm des Wochenendes, die faszinierende Doku „Perlmuttknopf“ verdeutlichte das Leben der frühen Wasservölker in Patagonien (Chile), die von Siedlern fast vollständig ausgerottet wurden. „In ihren Augen waren wir Ungeheuer“, sagt ein Patagonier.

Ganz behutsam stellt der Film auch Zusammenhänge zwischen diesem Genozid und den vielen, im Militärputsch in Chile ermordeten Menschen her, die im Meer versenkt wurden: „Sie wurden Opfer einer Gewalt, die die Indianer schon erlebt hatten.“

Zum Schluss des Films heißt es: „Das Wasser hat nicht nur ein Gedächtnis, es hat auch eine Stimme. Wenn man ganz nahe herangeht, kann man die Stimmen der Indianer und der Verschwundenen hören.“

PS
 Foto (Berlinale) aus dem „echten“ NATIVe-Film „As Hiper Mulheres“, den ich gestern Nacht noch gesehen habe. Er zeigt die lustvollen Vorbereitung dreier Frauengenerationen zu einem großen Weiberfest. Sie bringen sich mit Gesängen und Tanzen in Trance und verschleppen dann (fremde) Männer ihres Stammes… So wie früher der Weiberfasching wohl bei uns war.

„Große Kontraste“ Berlinale Blog (2) 6. Februar 2015

Kontrastreicher hätte mein Eröffnungstag gestern kaum werden können. Morgens sah ich in einer Pressevorführung der Festivalreihe „Forum“ eine Doku über eine Kreative aus Berlin Mitte und eine ärmliche polnische Frau. Deren verschiedene Lebensentwürfe sollten in diesem nahezu aussagefreien und cineastisch völlig uninspirierten Wackelfilm deutlich werden. Dagegen war dann der offizielle Eröffnungsfilm der Berlinale, „Nadie Quiere La Noche“ (Niemand will die Nacht),   der spanischen Regisseurin Isabel Coixet geradezu umwerfend.

Dieser Wettbewerbsbeitrag ist ganz großes Kino: Mit riesigen Landschaftsbildern am Nordpol und extremen Nahaufnahmen der Akteure erzählt er nach einer wahren Bebenheit die dramatische Geschichte einer Frau, die ihrem Mann in das ewige Eis folgt. Wie immer staune ich in der anschließenden Pressekonferenz, wie klein die Schauspieler in Wirklichkeit sind. Und das im Film so strapazierte Gesicht von Juliette Binoche (50) ist ungeschminkt und mädchenhaft jung. Wie in dem deutsch-polnischen Film des „Forums“ geht es auch in diesem Werk um den außergewöhnlichen Lebensentwurf einer Frau.

Eigentlich soll das „Forum“ mit seinen mehr als 30 Filmen unangepassten und eigenwilligen Filmemachern ein Debüt ermöglichen. Dafür gibt es sogar einen Preis auf der Berlinale. Häufig werden die preisgekrönten Regisseure Jahre später in prestigeträchtigere Filmreihen des Festivals oder sogar zum Wettbewerb eingeladen.

Damit kein falscher Eindruck entsteht – es gibt wirklich viele herausragende Werke im „Forum“, die jungen Filmkünstlern aus Afrika, Asien oder Südamerika zum ersten Mal ein Forum bieten. Ich habe hier schon spannende Debütfilme gesehen und hoffe auch diesmal noch auf ein paar interessante Arbeiten.

Foto (Handy): Juliette Binoche in der Pressekonferenz