Im Garten des Berliner Gropius-Baus sind Stämme und dicke Äste einiger Bäume in rote Stoffe mit weißen Punkten gewickelt. Zwischen duftenden roten Rosen locken bereits hier, die zu Kunstobjekten gewordenen Bäumen in die Ausstellung der Japanerin Yayoi Kusama.
Der gigantische Lichthof des Gebäudes ist ein Wald aus wabernden pinkfarbenen Tentakeln mit schwarzen Punkten. Man taucht zwischen den aufgeblasenen, bis zu elf Meter hohen Fangarmen aus Kunststoff, in Kusamas fröhlich-poppiges Universum ein. Jedoch durch die immense Größe dieser Skulpturen wird einem auch unheimlich zumute. In der folgenden Ausstellung ziehen einige Installationen das Publikum geradezu in sich hinein.
Ohne auf Wartende zu achten streben viele faszinierte Leute in einen hell-weißen Spiegelraum, dessen Boden von zahlreichen weißen Stoffbeuteln mit roten Punkten bedeckt ist. Die Spiegelungen der Säckchen suggerieren endlose Weiten, in denen man sich auflöst: Ein fröhliches aber auch beklemmendes Erlebnis im ersten „Infinity Mirror Room“. Als Performerin legte Kusama sich häufig in ihre Arbeiten, um in die Unendlichkeit einzutauchen. Sogar das Publikum durfte früher diese Installationen betreten: „Skulptur und Betrachter wurden eins“ (Kusama). Ambivalente Gefühle ruft ein weiterer „Infinity Mirror Room“ hervor, ein äußerst dunkler Raum vollgehängt mit bunten spiegelnden Kugeln. Beim Betreten des glänzenden Bodens fürchtet man sich, in die scheinbar schwarze Tiefe zu stürzen.
Wie diese beiden Kunstwerke sind insgesamt acht Räume im Gropius-Bau Nachbauten von Kusamas Environments der Jahre 1952 bis 1983. Neben buntgetüpfelten Schaufensterpuppen oder einem Boot voller Gipsphalli hängen riesige verblasste Erinnerungsbilder an diese Inszenierungen. Ihre Gestaltungen mit Polka Dots (engl. Punktmuster) auf vielen Objekten ziehen sich durch die Ausstellung. Bereits vor zwei Jahren war hier im „Garten der Lüste“ ein gewaltiger, begehbarer Kunststoffgarten der Künstlerin aus weißem Plastik mit farbigen Tupfen zu erleben.
Dieses Betupfen ihrer Werke ist keine modische Marotte, sondern eine lang andauernde meditative Arbeitsweise, die ein ästhetisch-philosophisches Konzept verfolgt: „Wenn ich meinen gesamten Körper mit Punkten bemale und auch den Hintergrund mit Punkten versehe, ist das ein Akt der Selbstauslöschung.“ Vom Publikum forderte Kusama: „Werden Sie eins mit der Ewigkeit. Löschen Sie ihre Persönlichkeit aus. Werden Sie Teil Ihrer Umgebung. Vergessen Sie sich selbst.“
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