„Niki de Saint Phalle“ – ein Film über die Geburt der Künstlerin

Die Künstlerin Niki de Saint Phalle wuchs teilweise in New York auf und kehrt Anfang der 1950er-Jahre nach Paris zurück. Hier überfallen sie diffuse Ängste, blutige Träume und vage dämonische Erinnerungen. Als sie mit einem Messer unter dem Bett schlafen gehen will, zwingt ihr Ehemann sie, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben.

In diesem seelischen Tohuwabohu werden Niki auch die einstigen sexuellen Übergriffe ihres Vaters schmerzhaft bewusst. Mit Elektroschocks traktiert man sie in der Nervenklinik, ansonsten wird sie ruhiggestellt, Beschäftigung ist ihr verboten: „Die Behandlung ist so intensiv, dass sie keine Kraft für anderes haben“, heißt es.  Sie darf nicht malen wie ein Mitpatient, dessen grellfarbene Gemälde sie faszinieren. Heimlich sammelt sie Müll, den sie gestaltet oder malt mit Schlamm und Wasser auf Pappkartons. Das wird ihr untersagt, die „Helfer“ kapieren nicht, dass ihr diese eigene Gestaltung der Welt – durch die Entdeckung der Kunst – hilft und Kraft gibt. Überhaupt nicht hilfreich ist dagegen die würdelose Behandlung in der Irrenanstalt und der vom Psychiater geleugnete väterliche Missbrauch. Jedoch fügt sie sich in die Zwänge der Anstalt um entlassen zu werden.

Wieder zuhause arbeitet Niki künstlerisch wie besessen, doch sie verzweifelt: „Ich male wie eine Zehnjährige, ich will lernen!“ Auf der Suche nach Unterstützung lernt sie in der losen experimentierfreudigen Pariser Szene Yves Klein, Daniel Spoerri und Jean Tinguely kennen. Niki und Tinguely verstehen sich gut, aber in seiner Clique wird sie anfangs heftig angefeindet: „Du bist keine Künstlerin, du bist nur die die malende Frau eines Schriftstellers.“ Dagegen ermuntert Tinguely Niki, die brave Malerei sein zu lassen: „Komm, wir spielen Kunstpolizei“, ruft er, hält sich seine Schweißermaske vors Gesicht und kommandiert: „Fort mit Farben, Leinwänden und Pinseln!“

Niki beginnt mit großen Gipsfiguren zu arbeiten, in die sie Beutel mit roter Farbe einschließt und darauf schießt. Weitere bizarre Gestaltungen und brisante Aktionen folgen, sie schleudert ihre Wut durch die Kunst in die Welt hinaus. Sie verlässt ihren Mann, heiratet Tinguely und wird zunehmend – als einzige Frau – in der männlich dominierten Kunstszene dieser Jahre bekannt. Durch den Film erleben wir diese kurze Episode ihres Lebens, die Ereignisse zwischen 1952 bis 1961, in der sie zur Künstlerin heranreift und die lockere Avantgarde-Gruppe Nouveaux Réalistes mitbegründet.

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Fantasiegärten in der Toskana wieder geöffnet

Die italienische Toskana, der teils raue, teils anmutige Landstrich zwischen Florenz und Rom, ist eine uralte Kulturlandschaft und bietet zahlreiche Kunstschätze. Doch bereits seit vielen Jahrzehnten werden auch zeitgenössische Kulturschaffende davon angezogen. Bekannte Künstler, etwa Fernando Botero oder Sandro Chia, ließen sich hier nieder, quälten sich mit der ungewohnten Gartenarbeit – und schufen dennoch individuelle Kunstoasen. In diese – von der Landschaft abgetrennten – Gärten integrierten sie ihre künstlerischen Arbeiten.

Dennoch haben die Anlagen nichts mit klassisch-englischen oder Barockgärten zu tun, in denen es um die ordentliche Ausgrenzung der anarchischen Natur ging. Der etwas unscharfe Begriff Künstlergärten meint keine Museen oder Galerien im Freien. Alle Werke in den Fantasiegärten, wie man sie eher nennen sollte, verändern sich ständig durch das Licht, die Jahreszeiten und die Witterung. Sie sind von bezaubernder oder erschreckender Schönheit – aber selten allgemein zugänglich. Nach der Corona-Pause kann man wieder drei der wichtigsten öffentlichen Anwesen besuchen:

Daniel-Spoerri-Garten (Giardino di Daniel Spoerri)
Daniel Spoerri feierte vor kurzem seinen 90. Geburtstag, die Medien bezeichneten ihn als Eat-Art-Künstler und lobten seine Fallenbilder, „vergaßen“ jedoch sein größtes Werk zu erwähnen: Mitten in der Toskana gründete der Schweizer in den frühen 1990er-Jahren auf 16 Hektar einen magischen Ort zwischen Zivilisation und Wildnis. Bereits das Haupthaus, mit dem Restaurant und einigen Apartments, empfängt einen mit der Inschrift „non solo EAT ARTs“.

Stundenlang kann (und soll) man in der Landschaft von einem Kunstwerk zum nächsten wandern, sich zwischendurch aber auch an schattigen Plätzen ausruhen. Der Parcours beginnt bei Spoerris Brunnen und Skulpturen aus Fleischwölfen, dann trifft man auf eine gewaltige Gänseherde aus Beton (Foto) oder kann eine Aussichtsplattform besteigen. Weiterlesen