Sind wir alle Reisende?

Wir alle sind Viaggiatori, Reisende – teilt uns der italienische Künstler Idilio Galeotti in seiner Studioausstellung in der Kunststation mit. Vor dem Studio steht er selbst als lebensgroße Puppe, im Saal zeigt ein Video die fiktive Erzählung eines Mannes, dargestellt von Galeotti, der nach jahrzehntelangem Schlaf im Eis in einer veränderten Welt wiedererwacht.

Die Unbilden oder Freuden der neuen Zeit zeigt uns der Künstler nicht nur im Video, sondern drückt sie in seiner Schau auch mit Skulpturen aus gebranntem Ton aus: Da gibt es die fast militärisch aufgereihten, knallbunt glasierten Reisenden. Oder Rotfüchse, die Berlin erobern wollen. Dann den Container-Lastwagen als Keramikskulptur, in dessen Fensterscheiben vage Träumereien erkennbar sind; am Steuer des Fahrzeugs hockt ein Schäferhund. „Wenn Lastwagen, die Waren transportieren, sich verwandeln in Wagen für Emotionen, Wünsche, Wunder“, nennt der Bildhauer dieses Objekt.

Schnell wird klar, Galeotti ist beileibe kein Töpfer, sondern ein mit Ton arbeitender Poet, der die Garstigkeit unserer sich drehenden Welt (so eine weitere Skulptur) und die Unzulänglichkeit der Menschen ironisch aber nachsichtig anprangert. Sein keramisches Architekturensemble mutet sogar hoffnungsvoll an und setzt einen Kontrapunkt gegen allzu negative Weltsichten. Aus eigenartig schönen, futuristischen Gebäuden treten einzelne, vielleicht einsame Menschen heraus, die sich in die schöne neue Welt trauen. Einer nähert sich wohl behutsam seiner nackten Nachbarin… „Die unvollkommenen Architekturen der Seele“, heißt der etwas verrätselte Titel dieser fantastischen Werkgruppe.

Galeotti lädt uns als Reisende zur Entdeckungstour durch seine fröhlich bis sarkastische Kunstwelt ein. Er lebt in Modigliana, der Partnerstadt von Hofbieber, deren italienischer Freundeskreis die Ausstellung im Studio unterstützt und gemeinsam mit Monika Ebertowski, Leiterin der Kunststation, ausheckte.

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Neues in der Rhön…

In ihrer Herbstausstellung präsentiert die Kunststation Kleinsassen Arbeiten von drei Kunstschaffenden in Soloausstellungen, sowie einem Künstler im Studio. Beim ersten Rundgang wird deutlich, wie vielfältig die Werke sind und dennoch gut zusammenpassen.

MICHAEL APITZ nennt seine Schau „Rhein trifft Rhön“, ins Auge fällt sofort die Milseburg-Trilogie. Das legendäre Bauwerk und seine Umgebung sind gerade noch erkennbar, jedoch in unwirklichen grünen, orangenen oder gelben Farben gehalten. Sein „Leinpfad“ wirkt wie eine dramatische Eruptionsmasse. Manche Gemälde, etwa der „Berg in Rot“ oder „Der Blick“, sind mit den dick aufgetragenen Farben so reduziert, dass sie nicht mehr gegenständlich wirken. 

Der Künstler arbeitet nicht in der Natur, sondern in seinem Atelier entstehen – nach ausgedehnten Wanderungen – diese emotional aufgeladenen, kraftvollen und durch die Farbe verfremdeten Gebilde auf seinen Leinwänden: So wie er die überwältigend wilde oder gezähmte Natur vielleicht erlebt hat. 

GEORG KÜTTINGER schafft „Räumliche Partituren“ (Titel). Verschieden lange Poller in unterschiedlichen Farben ragen aus dem Wasser und spiegeln sich darin. Aneinandergereihte Baumteile mit wechselnden Rinden in unterschiedlichen Jahreszeiten irritieren. Die Fotografien der eigentlich realen, aber nicht wiederzuerkennenden Landschaften, sind von unwirklicher Künstlichkeit. Denn der Fotograf hält seine Motive zu unterschiedlichen Tageszeiten – bei wechselndem Licht – oder aus verschiedenen Perspektiven fest. Später zerlegt er seine Bilder und fügt sie zu Remixen zusammen, die man einfach als Spiel sehen kann, jedoch auch als Rekonstruktion seiner persönlichen Erinnerungen an reale Orte. 

Die Objekte seiner zweiten Werkgruppe wirken wie große Mosaike aus Glasplättchen, die sich beim Bewegen des Betrachters verändern. Über die Technik zur Herstellung dieser „Interferenzen“ werden wir noch berichten.

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