Flüchtlinge wollen sich demnächst den, zeitweise beim Berliner Gorki-Theater untergebrachten Tigern zum Fraß vorwerfen lassen. Wer bisher Zweifel daran hatte, ob das Kunst ist oder eher eine politische Demonstration, kann nun in der Hauptstadt echtes Theater erleben: Ausgerechnet das Berliner Grünflächenamt entschied, das vom Zentrum für politische Schönheit initiierte Gesamtkunstwerk „Flüchtlinge fressen“ sei keine Kunst und müsse weg.
Dabei konnte man seit Josef Beuys kaum eine genialere Realisierung dessen Idee von Kunst als soziale Plastik mehr erleben. Die Berliner Künstler inszenieren – nicht zum ersten Mal – eine groteske provozierende Aktionen (was sind ein paar gefressene Flüchtlinge schon gegen das Massensterben im Mittelmeer?) und stehen zugleich persönlich für ihre Forderungen ein. Aber worum geht es nun eigentlich seit Mitte Juni?
Das Zentrum greift eine Kinderfrage auf, warum müssen die Flüchtlinge eigentlich ertrinken und kommen nicht mit dem Flugzeug? Eine gute Frage, denn ein Flug vom Nahen Osten nach Mitteleuropa ist preiswerter und allemal sicherer als die Kosten der Schlepperbanden. Doch eine EU-Richtlinie steht dem entgegen, die Fluggesellschaften werden bestraft, wenn sie Menschen ohne gültiges Visum nach Deutschland bringen.
Das Zentrum für politische Schönheit fordert nicht nur die sofortige Streichung des § 63.1 (die Linke hat das ebenfalls für den 24. Juni im Bundestag beantragt), sondern sammelt auch Geld, um Ende Juni ein Flugzeug zu chartern. Das soll 100 syrische Flüchtlinge von Izmir nach Berlin bringen. Sollten die nicht in Deutschland angenommen werden, werfen sich freiwillige Flüchtlinge den Tigern zum Fraß vor.
Am Mittwoch, dem Tag nach dem Verbot war Unter den Linden alles wie immer in den letzten Tagen. Viele Touristen und Berliner warteten abends vor dem Raubtiergehege, sahen bei der Fütterung der vier Tiger (noch ohne Flüchtlingsfleisch) zu.
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