„glue light blue“ 

Eine eindringliche Gastchoreografie des Israelis Nadav Zechner mit dem Hessischen Staatsballett

Tanzfrühling in Hessen. In Darmstadt ist nicht nur der Himmel hellblau, sondern auch der Tanz. Die offene Bühne hat einen blau-glänzenden Boden, auf ihr zappeln bereits 35 geometrisch angeordnete Steinbrocken an Drahtseilen, als das Publikum den Saal betritt. An den Bühnenwänden hängen hellblau und rostbraun eigefärbte Platten. 

Dann wird es dunkel. Dampf steigt auf. Tiefes Grummeln ertönt, die ganze erste Tanzphase lang. Eine sehr künstlich wirkende, blau gekleidete Figur mit rostbraunem Ornat taucht aus einer Luke auf, tanzt am Bühnenrad zunächst nur mit den Augen, dann mit zitternden eigenartigen Bewegungen. Weitere, ebenso bekleidete Tänzerinnen und Tänzer, erscheinen nach und nach aus dem Nebel, bewegen sich akkurat und gradlinig zwischen den Steinen.

Irgendwann hört das Gegrummel auf, das Ensemble streift die Ornate ab, alle werden zu kommunikationsfreudigen hellblauen Wesen mit rostbraunen Beinen. Ihre Bewegungen verflüssigen sich, sie entfliehen der Strenge, blubbern gelegentlich wie Kleinkinder. Paare begegnen sich, mal agieren sie zusammen in exotischen, mal in alltäglichen Pas de deux. Zuweilen frieren sie an den Wänden ein, verschmelzen dann gleichsam mit dem Hintergrund. Ihre Annäherungen verändern sich unaufhörlich. Blitzschnell. Eben noch freundlich. Dann skurril. Abweisend. Fröhlich. Kurz beginnen immer neue Erzählungen, brechen wieder und wieder ab oder verändern sich.

Zu rhythmisch-arabischer Musik finden sich zwei Gruppierungen, die Brocken werden in die Höhe gezogen, wirken wie Lampen. Darunter beginnen wilde fröhliche Tänze – und die Steine tanzen mit. Sie gehen rauf und runter, hängen bedrohlich über der liegenden Compagnie. Doch heiter befreien sich die Tanzenden. Die Brocken verschwinden in der Höhe. Etliche Figuren hopsen munter in die Luke am Ende der Bühne.

Zwei Frauen winden sich am Boden, küssen sich in die Vertikale, verknoten sich zu einem hocherotischen Pas de deux, lösen sich irgendwann voneinander. Wassergeplätscher ertönt, erst finden sich weitere Paare, dann die ganze achtzehnköpfige Compagnie in immer neuen Bewegungsbildern zusammen.

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