Tanztheater „Europa brennt“

„Europa brennt!“ Das neue Stück der Compagnie Artodance ist keine durchgehende Erzählung, sondern eine Collage aus assoziativen Bewegungsbildern und Tanzszenen. Die Kulturpreisträgern des Main-Kinzig-Kreises, Monica Opsahl, präsentierte ihre Choreografie zur derzeitigen Situation in Europa, im Rahmen der KulturWerk-Woche 2024 in Schlüchtern.

Dramatisch beginnt das Tanztheater mit Flackerlicht, Schüssen und Explosionen im Hintergrund. Ein verzerrtes Cello intoniert die Europahymne, die „Ode an die Freude“, mit strengen soldatischen oder getriebenen Bewegungen ziehen drei Tänzerinnen über die Bühne. Plötzlich werden sie von zwei maskierten Kriegerinnen mit Maschinenpistolen bedroht, sie haben Angst, unterwerfen sich – doch sie versuchen auch sich zu wehren, gemeinsam gegen die Eindringlinge zu erheben.

Kreischige, tiefdröhnende Klänge fahren in den Bauch und machen die Tanzenden mutiger. Momente der Empörung und Abwehr, bis alle Beteiligten zu Boden sinken, während die Deutschlandhymne angespielt wird. Später drücken Einzelne mit eindringlichen stummen Schreien ihren Schmerz, ihre Trauer, ihre Leiden aus. Eine fällt um, wird von den anderen getragen, eine Stürzende wird aufgefangen und weitergereicht. In der Verzweiflung gibt es zu sanften Tönen immer wieder berührende Szenen mit Kontakt, Beistand, Verbundenheit. Vertieft wird die intensive Anmutung der Tänzerinnen für das Publikum, durch die hervorragende Licht- und Klanggestaltung (Arnold Pfeifer). 

Im zweiten Teil des Abends, die Frauen sind jetzt verschrobener alltäglich gekleidet, geht es abstrakter zu: Sie tanzen das Leben – begegnen sich, schaffen Distanz und Nähe, holen Ausreißerinnen zurück, werden auseinandergerissen. Zwischendurch frieren sie zu eigenartigen Menschenskulpturen ein, sind sie Überlebende? Um Rettung Kämpfende? Denn die Bedrohung ist nicht vorbei, das Draußen erreicht auch die KulturWerk-Halle. Das Schlussbild im Nebel, zu „alle Menschen werden Brüder“, ist sanft und versöhnlich. Jedoch der Tanzabend ist kein Traum. „Mit letztem Atem erklingt mein Schrei: Du darfst nicht schlafen – es ist nicht vorbei!“ So hieß es in dem norwegischen Gedicht von 1937, „Europa brennt“, das Opsahl vor der Aufführung programmatisch rezitierte.

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