Generation: Filme für Kids auf der Berlinale

Bereits vor über 40 Jahren gründete die Berlinale ihre Sektion „Generation“ mit Filmen für Schulkinder und Jugendliche. Solch eine Reihe gebe es weder in Venedig noch in Cannes, erklärte Mariette Rissenbeek, Co-Leiterin des Festivals, in einem taz-Interview. Dieser Bereich sei absolut wichtig, weil sie „junge Zuschauer anspricht und viele Filme mit viel Publikum bietet.“

„Yalda“, der iranische Spielfilm, ist sicher der heftigste dieser Sektion, der die Brüche zwischen gruseliger Tradition und moderner Medienwelt aufreißt: In einer Reality-TV-Show kämpft die junge, zum Tode verurteilte Maryam weinend um ihr Leben. Vor laufender Kamera muss sie das Publikum um Vergebung sowie Blutgeld für ihre Tat bitten.

Mit dem Übergang zum Erwachsenenalter in diversen Kulturen setzten sich etliche Coming-of-Age-Filme auseinander. In „Kokon“, dem gefeierten Eröffnungsfilm der Reihe, hat Nina ihre erste Menstruation und verliebt sich in eine Außenseiterin. Von ihrer Schwester Jule wird sie angeblafft: „Hör auf mit der Bitch zu chillen!“ Die Welt dieser Mädchenclique im Berliner Brennpunkt Kotti ist genauso exotisch, wie die von Amy im Pariser Barbès: In „Mignonnes“ wird die Elfjährige aus dem Senegal zwischen afrikanischer Tradition und modernem französischen Leben zerrissen: Die Mutter bereitet das Ehebett für die zweite Hochzeit des eigenen Mannes, während die Tochter die erste Regel bekommt und mit sexualisierten Tänzen in ihrer Clique um Anerkennung kämpft.

Weitere Filme für größere Kinder fragen, wie geht man mit einer Pubertierenden um, die eine riesige Maschine liebt? Wie verhält sich eine zur Waise gewordene Jugendliche in der kriminellen Stieffamilie? Kann ein Nomadenjunge in der mongolischen Steppe den Kampf seines gestorbenen Vaters fortführen? Die Youngsters in diesen spannenden Streifen mit (meist) offenen Lösungen sind auf der Suche. Sie leben im Übergang und ringen um eigene Identität und Anerkennung ihrer Peer Group. Oft auch humorvoll thematisieren die Filme Straffälligwerden oder andere Brüche gesellschaftlicher Normen. Cineastisch gehört „Generation“ mit zum Besten, was die Berlinale zu bieten hat und wird auch gerne von Erwachsenen besucht. Die Ränder zu anderen Bereichen wie „Panorama“ sind fließend.

Früher war die Sektion zunächst filmästhetisch, später pädagogisch überfrachtet, mittlerweile lehrt sie Kinder und Jugendliche beides: Filme zu sehen und im Kino zu genießen, sich aber auch mit Problemen auseinanderzusetzen, die sie selbst oder Teens in anderen Kulturen haben.

Von der Berlinale werden Besuche ganzer Schulklassen pädagogisch unterstützt. Nach der Kontaktaufnahme können Lehrer in den Pressevorführungen Streifen vorab sehen, die ihnen individuell empfohlen werden. Ein Pädagoge war vom angebotenen „Mignonnes“ so begeistert, dass er mit seiner 7. Klasse kommen will und zur Reflexion ein gemeinsames Video plant. Diesen Film fand auch eine Lehrerin „cool“, die eine Schauspiel-AG leitet und sich dem Thema theatralisch annähern möchte: „Ich will vorher gar nicht so viel interpretieren“, meinte sie, „die Jugendlichen haben immer ganz eigene Sichtweisen auf Filme.“ Weiterlesen

Streiflichter zur Geschichte der Berlinale

Trotz mancher Krisen nahm die Berlinale eine schlüssige Entwicklung, die durch zwei Konstanten geprägt wurde: Sie ist ein Publikumsfestival und verwirklicht politische Ansprüche, die sich allerdings von den Vorstellungen ihrer Gründer und späterer Einflussnehmer lösten. Das Festival entwickelte immer die Kraft, sich selbst erhalten, wandeln und erneuern zu können.

Natürlich wurde 1951 die Erschaffung der Festspiele nicht aus cineastischen Gründen von den USA forciert. Im Kalten Krieg sollte das immer noch vom Krieg zerstörte West-Berlin ein politisches Schaufenster, gleichsam die Leinwand der freien Welt inmitten der DDR werden. Zuvor hatten fast ein Jahr lang sowjetische Truppen 1948/49 Westberlin belagert, die übrigen Alliierten versorgten die zwei Millionen Einwohner aus der Luft: „Apokalypse Now“. Wie ein Blockbuster im Kino.

Die Berlinale war also von Beginn an ein politisches Festival, das den Westberlinern auch Glamour und etwas Hollywood brachte: Von Gina Lollobrigida bis Meryl Streep, den Rolling Stones bis Ed Sheeran, Gary Cooper bis George Clooney kamen viele Weltstars auf den roten Teppich oder saßen in den Jurys.

Zum Ende der 1950er-Jahre verhalf das Festival französischen Filmemachern der „Nouvelle Vague“ um Claude Chabrol und François Truffaut, aber auch anderen europäischen Regisseuren zum Durchbruch. Ingmar Bergmann erhielt hier seinen einzigen bedeutenden Preis. Das „New Hollywood“ feierte in Berlin ebenso Erfolge wie der „Neue Deutsche Film“ Werner Herzogs oder Rainer Werner Fassbinders. Nach einer Krise wurde das „Forum“ vor 50 Jahren mit seinen experimentellen und kritischen Filmen in die Berlinale integriert.

In dem Jahrzehnt bevor Dieter Kosslick 2001 Festivalleiter wurde, waren die Besucherzahlen zurückgegangen, vielen Kritikern war das Programm zu seicht und zu amerikanisch geworden. Der neue Chef und sein Team führten weitere Sektionen ein und luden asiatische, afrikanische und südamerikanische Filmschaffende ein. Initiativen wie der schwule „Teddy Award“ oder Indigene Filme konnten assimiliert werden. „Ein über die Jahre mit Hollywood-Kitsch und Til-Schweiger-Komödien betäubtes Publikum kam aus dem Staunen nicht heraus“, schrieb die NEUE ZÜRICHER ZEITUNG.

Zwei wichtige, sehr große komplementäre Bereiche wurden auch in Kosslicks Ära entwickelt: Der Austausch zwischen Filmschaffenden untereinander, etwa im „World Cinema Fund“ oder die Begegnung von jungen und erfahrenen Kinoleuten in „Talents“. Zum anderen die Kontakte auf dem European Film Market mit zahlreichen Möglichkeiten zur kommerziellen Filmentwicklung und zum Vertrieb. Weiterlesen

„Die Eiskönigin“ – großes Kino oder lebende Barbiepuppen?

„Die Eiskönigin – Völlig unverfroren“ war einer der erfolgreichsten Animationsfilme aller Zeiten, der weit über eine Milliarde Dollar einspielte und zwei Oscars sowie zahlreiche weitere Preise erhielt. Jetzt kommt die Fortsetzung des Fantasy-Musicals ins Kino, auf die Liebhaber des Films sechs Jahre lang warten mussten.

Die königlichen Schwestern Elsa und Anna wohnen, nach ihren dramatischen Erlebnissen im ersten Film, zufrieden im nördlichen Fantasieland Arendelle und haben genug von aufregenden Abenteuern. Doch eines Tages tönen aus der Wildnis sirenenhafte Gesänge, die Königin Elsa verwirren und neugierig machen. Nur sie kann die Stimmen hören, die sie in den unheimlichen, mit einem Fluch belegten Zauberwald hineinziehen. Elsa gibt den Verlockungen nach und lässt sich – nach einigem Zögern – von ihrer Schwester Anna begleiten. Auch deren etwas trotteliger Verehrer Christof sowie der wieder aufgetauchte Schneemann Olaf sind dabei. Nach dem Betreten des düsteren Gehölzes begegnen sie bedrohlichen Waldmenschen, flüchten vor lebenden Gebirgen und kämpfen tapfer gegen weitere Unbilden.

Elsas eisige Zauberkräfte, die sie jetzt erneut entfalten aber mittlerweile verantwortungsvoll beherrschen kann, helfen den Abenteurerinnen. Die wieder erwachte Zauberin in ihr verwandelt wildes Wasser in reitbare Eispferde, lässt angreifende Ungeheuer zu Eis erstarren und macht längst vergangene Ereignisse durch Eisskulpturen sichtbar. Mehr wollen wir nicht von der Geschichte verraten. Elsas Kampfszenen in der gefährlichen Wildnis gehören zu den stärksten und überzeugendsten Ereignissen des computeranimierten Films der Walt-Disney-Compagnie.

Natürlich ist das Werk eine weitere fantastische Heldinnenreise Elsas! Ihre Begleitpersonen sind eher Staffage, bieten sich jedoch zur Identifikation für unterschiedliche Zuschauer an. Auf dem Film lastet durchgehend eine düstere Stimmung, die durch Slapsticks, etwa des unsäglichen Schneemanns, und insgesamt sieben Songs der Schwestern gemildert wird. Elsa findet am Ende nicht wirklich zu sich, sie bleibt melancholisch und voller Sehnsucht. Viele ihrer Fans hofften, dass sie endlich ihre große Liebe finden, ja, sich vielleicht sogar als lesbische Frau outen würde. Weiterlesen