„Der Pinguin meines Lebens“

Bis der Pinguin aus dem Filmtitel in der Geschichte auftaucht dauert es noch recht lange. Zunächst lernen wir den britischen Lehrer Tom Michell kennen, den es 1976 bis nach Argentinien verschlug.

Hier fängt er als Englischlehrer an einer elitären Privatschule an, während gleichzeitig ein Militärputsch in der Luft liegt, was ihn aber nicht interessiert. Er kämpft mit den schnöseligen Jungs reicher Eltern, die weder seine sarkastischen Literaturkenntnisse goutieren noch seine bescheidenen Rugbyversuche ernst nehmen. Der Schuldirektor setzt ihn unter Druck, dass seine Siebtklässler besser werden müssen.

Wenige Tage später erfolgt der brutale Militärputsch, das Land ist gelähmt und die Schule wird vorübergehend geschlossen. Tom freut sich und unternimmt eine Busreise nach Uruguay, um hier ein bisschen Spaß zu haben. Politisch ist er absolut uninformiert, obwohl er mitbekommen hat, dass sich die attraktive Tochter der Haushälterin der Einrichtung politisch engagiert und dadurch ihr Leben riskiert. Angekommen im Nachbarland landet Tom nachts am Meer mit einer schönen Einheimischen, die er zuvor in einer Kneipe mit seinen Tangokünsten betörte. Doch am Strand ist ein Pinguin das Opfer der Ölpest geworden und Tom nimmt ihn zur Säuberung mit ins Hotel. Er ist kein Tierfreund, doch er hofft dadurch die Schöne in sein Bett zu bekommen. Am Ende aber geht sie plötzlich fort: „Ich kann nicht bleiben, ich bin verheiratet!“

Statt Sex hat er nun einen flugunfähigen, streng nach Fisch riechenden Seevogel, der sich einfach nicht vertreiben lässt und seinen Retter ins Herz geschlossen hat. Mehrfach schleppt er das Tier ans Meer, wird ihn aber nicht mehr los. Die Rückreise besteht aus Slapsticks: Wie die beiden im Bus fahren. Über die Grenze kommen. Bei ihrer Rückkehr immer wieder von Soldaten angehalten werden. Mit nervösen Fingern am Abzug der Waffe wollen sie wissen: „Was hast Du da in der Tasche?“ Irgendwie gelangt Toms neuer Freund auch in seine Schulklasse. Die Kids sind begeistert ihn versorgen füttern zu dürfen. Sie geben ihm den Namen Juan Salvador und fangen tatsächlich an im Unterricht mitzumachen.

Die Tochter der Haushälterin wird verhaftet, ganz langsam verliert Tom seinen Zynismus und engagiert sich für ihre Freilassung.

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Der Film „Elaha“ oder ein Kampf ums Jungfernhäutchen…

Orientalische Musik. Tanzende Menschen. Die Kamera führt uns direkt in eine arabische Hochzeitsfeier. Eine fröhlich hüpfende, flatternde junge Frau wird von ihrer Mutter in einer, uns fremden Sprache barsch zurechtgewiesen. Durch die Untertitel erfahren wir, sie solle sich zurücknehmen, denn sie sei schließlich verlobt. Im Klo fragen sich die jungen Mädchen auf deutsch: „Hast du schon mal?“ Bald erkennen wir, dass die Feierlichkeiten nicht im Nahen Osten stattfinden, sondern in einer Stadt im Ruhrgebiet. Und die vermeintlich arabischen Muslime sind Kurden, aber von den gleichen mittelalterlichen Wertvorstellungen besessen. 

Eine Filmstunde später schreit die junge Frau endlich zurück: „Und wenn ich eure Ehre nicht mehr zwischen den Beinen habe?“ Dann will die Mutter lieber eine tote Tochter! Vorher konnten wir miterleben, wie die bereits 22-jährige Elaha (Bayan Layla) verzweifelt versuchte, ihr Jungfernhäutchen chirurgisch wieder flicken zu lassen. Doch den Preis von mehreren Tausend Euro kann sie nicht aufbringen. Ein Versuch mit einem Blutmittel für die mögliche Hochzeitsnacht funktioniert nicht. Ihre lesbische, verheiratete, dunkelhäutige Lehrerin in der Berufsvorbereitung kümmert sich intensiv um sie, denn „ich weiß wovon ich rede“. Sie könnte ihr helfen, konfrontiert sie aber mit der Frage, „Bist du wirklich die Frau, die du sein willst?“ Schließlich befragt Elaha sich selbst, warum und ob sie das Hymen überhaupt zurückhaben will. 

Sie soll nicht zwangsverheiratet werden, sondern findet ihren zukünftigen Ehemann und dessen Familie durchaus sympathisch. Das Aussuchen des Hochzeitkleides oder die Wohnungssuche mit dem Verlobten sind für sie selbstverständlich. Liebevoll kümmert sie sich um ihren kleineren behinderten Bruder. Aber je weniger sie sich in ihre vorgegebene Rolle als keusche Verlobte einfügt, mit ihren Freundinnen tanzen geht, freizügig kleidet oder das Abitur nachholen will, umso stärker terrorisiert der zukünftige Mann sie bereits vor der Ehe. „Ich gebe dir alle Freiheiten, aber ich will, dass du auf mich hörst“, sagt er. Dann schnüffelt er sogar an ihr, ob sie mit einem anderen Mann Sex hatte. Seine Familie fordert vor der anstehenden Hochzeit plötzlich eine ärztliche Untersuchung ihrer Jungfräulichkeit. 

Bis dahin haben ihre erwachsenen Freundinnen und sie versucht, sich irgendwie zwischen westlicher Freiheit mit selbstbestimmtem Leben und den geliebten Familien, mit ihren repressiven patriarchalischen Regeln durchzuwinden.

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„Die Mittagsfrau“ verfilmt…

„Die Mittagsfrau“ ist ein weiblicher Naturgeist in der slawischen Sagenwelt, sie gab dem Film ihren Namen. Man muss ihr alles erzählen muss, wenn man sie trifft: Wer man ist und woher man kommt, sonst findet man keinen Frieden. Doch im äußerst ruhig erzählten und oft abschweifenden Film, braucht man lange um zu verstehen, wer die verschiedenen Personen eigentlich sind und was sie umtreibt. 

Die halbwüchsigen Mädchen Helene (Mala Emde) und Martha (Liliane Amuat) leben im spießigen Bautzen bei ihrer jüdischen, aber psychisch schwerkranken Mutter. Unvermittelt beginnt die oft zu toben, Geschirr zu zerschmeißen und die jungen Frauen zu schurigeln. Am Ende der 1920er-Jahre machen sich die beiden auf ins wilde Berlin und wohnen bei ihrer exzentrischen Tante. Während die lesbische Martha sich endlich ausleben kann, versucht Helene das Abitur nachzuholen, um Medizin zu studieren. Dennoch verliebt sie sich heftig in Karl, der mit ihr die Leidenschaft für Literatur und Bildende Kunst teilt: 

„Es ist ein Weinen in der Welt / als ob der liebe Gott gestorben wäre / und der bleierne Schatten, der niederfällt, / lastet grabesschwer“, heißt es bei Else Lasker-Schüler, der Lieblingsdichterin der Liebenden. Und tatsächlich fallen bleierne Schatten: Karl kommt beim Reichstag um, als die Nazis die Macht ergreifen, für die beiden halbjüdischen Geschwister wird es in Deutschland lebensgefährlich. Martha und ihre Tante wollen Deutschland verlassen, während die verzweifelte Helene vor Trauer um Karl wie gelähmt ist.

Wilhelm, ein strammer Nazi, verliebt sich in sie, nur widerwillig gibt sie seinem Drängen nach. Er begleitet sie in eine Irrenanstalt, in die ihre Mutter eingesperrt wurde. Die Nazis versuchen hier einen Zusammenhang zwischen Jüdisch-sein und Geisteskrankheit zu erfinden. Dadurch erfährt Wilhelm von der jüdischen Herkunft seiner Angebeteten. Er ist zwar entsetzt, besorgt ihr dennoch falsche „arische“ Papiere und fordert als Gegenleistung die Heirat. In der Hochzeitsnacht ist er wütend, dass er keine blutende Jungfrau bekommt. Trotz großer Vorsicht wird Helene später schwanger, doch der Nazi will „von dem Balg“ nichts wissen, verlässt sie und verweigert den Unterhalt.

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Wie kamen die Olchis in ihre Heimat Schmuddelfing?

Filmstart am 22. Juli
Vor drei Jahrzehnten begannen kleine eigenartige grüne Wesen, die Olchis, deutsche Kinderzimmer zu erobern. Die in mittlerweile 35 Bilderbüchern dargestellten Wesen essen gerne Müll, trinken Altöl, waschen sich nie und riechen streng. Kinder lieben diese Olchis, weil sie all das machen, was sie selbst nicht dürfen oder sich nicht trauen.

Trotz der Beliebtheit der Grünlinge sind ihre Abenteuer erstaunlicherweise erst jetzt verfilmt worden. Der Film berichtet von der übelriechenden Stadt Schmuddelfing, in der die Olchis heute wohnen. Ein letzter Müllmann hat gekündigt und nun sind der Gestank und die Abfallberge in der Stadt so gewaltig geworden, dass kein Tourist mehr hierher reisen mag. Doch dafür kommt eines Tages die Olchifamilie auf ihrem Drachen „Feuerstuhl“ an und glaubt sie sei im Paradies: „Der Platz ist oberolchig“, schwärmen alle.

Gleichzeitig versucht Max, der Sohn der Bürgermeisterin, mit seiner Freundin Lotta und einem verrückten Professor, einen Stinkomat gegen den Gestank zu entwickeln. Doch unverdrossen halten die Bürgermeisterin und ein geldgieriger Baulöwe an dem Projekt fest, auf dem Müllplatz einen Wellness-Tempel zu bauen. Aber dazu müssen die kleinen Grünen vertrieben werden.

„Niemand mag uns, wir riechen schlecht und sehen grün aus“, klagen die bekümmerten Olchikinder und wollen Abschied von ihren Menschenfreunden nehmen. Doch Max und Lotta lassen deren Vertreibung nicht zu und kämpfen für ihr Bleiberecht: „Schließlich sind sie doch die besten Recycler der Welt.“ 

Dieser klassische  Animationsfilm im Disney-Stil erweckt die Olchis zum Leben. Sie agieren so, als kämen sie direkt aus den Bilderbüchern und sind dabei keine süßlichen Kitschwesen. Auch die menschlichen Figuren sind animiert, dennoch wirkt der gesamte Film real und glaubhaft. Die „Bösen“, wie der Baulöwe und seine Arbeiter oder die Bürgermeisterin, sind nicht besonders bedrohlich, sondern werden durch Komik und Slapsticks gleichsam entschärft. Auch die abscheulichen Speisen der Olchis rufen keinen Ekel hervor, weil sie so genießerisch weggeschlabbert werden. Aus Versehen trinkt die Bürgermeisterin einen Zaubersaft statt ihr Beruhigungsmittel und wird nun eine Zeitlang grün und olchig. Hinterher kann sie die Welt mit den Augen der grünen Wesen sehen und sie verstehen.

Mit großer Leichtigkeit und ohne erhobenem Zeigefinger, spricht der Film viele verschiedene Themen an: Vertrieben werden oder bleiben dürfen, verlorene Heimat, Recycling oder sich in andere einfühlen. Vor allem aber ist es ein Streifen über Freundschaft und das miteinander Klarkommen, selbst wenn man sehr unterschiedlich ist. 

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Der neue Film „Berlin. Alexanderplatz“

Auf der letzten Berlinale feierte das Publikum die dritte Verfilmung des Romans von Alfred Döblin „Berlin. Alexanderplatz“ (1929). Doch die kühne Idee des Regisseurs Burhan Qurbani, den Streifen in unsere Zeit zu verlegen, wurde mit keinem Bären belohnt. Das spannende, bildgewaltige Werk, das später den 2. Platz beim Deutschen Filmpreis 2020 gewann, kommt nach der Corona-Pause jetzt endlich in die Kinos.

Eine rot eingefärbte Welt steht Kopf. In der Tiefe des Meeres kämpft ein Mann um sein Leben. Seine Frau Ida klammert sich an ihn. Sie ertrinkt als er sie von sich stößt. Aus dem Off berichtet eine weibliche Stimme: „Halb lebendig, halb tot wurde Francis an Land gespült. Dort rief er: Gott, ich schwöre Dir, von nun an will ich gut sein!“

Als nächstes sieht man diesen Afrikaner Francis (Welket Bungué) selbstbewusst und cool im Flüchtlingsheim. Sein zukünftiger Kontrahent Reinhold (Albrecht Schuch) versucht Drogenhändler unter den Elenden zu rekrutieren: „Niemand hat es verdient so zu leben wie ihr!“ Francis schuftet lieber als Schwarzarbeiter auf dem Bau als ein Dealer zu werden, wird jedoch entlassen, als er einen schwerverwundeten Kollegen rettet. Erneut die Frau aus dem Off: „Er wollte anständig sein, aber man hat ihn nicht gelassen.“

Notgedrungen muss er sich nun an den irren Reinhold wenden, er tröstet die vom sexsüchtigen Chef schnell verstoßenen Frauen und macht bald Karriere bei der Drogenmafia. Gemeinsam lassen sich beide im Berliner Nachtleben treiben und nennen sich Freunde. Gegen seinen Willen wird Francis in einen Raubüberfall verwickelt. Als er sich dagegen wehrt, schubst Reinhold ihn aus dem Fluchtauto, dabei verliert Francis einen Arm. „Anständig wollte er sein, aber das Leben hat ihn nicht gelassen.“ Aus dem Off wieder die Stimme der – wie wir mittlerweile wissen – jungen Hure Mieze (Jella Haase), in die sich Francis verliebt hat. Sie ist schwanger von ihm, er will sie heiraten, doch stattdessen überschlagen sich nun die dramatischen Ereignisse…

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Zur Literaturverfilmung „Die Deutschstunde“

Ein halbes Jahr nach dem Kinostart kommen – wie zum Schutz der Kinos gesetzlich festgelegt – auch erst die DVD und der Download des Films „Deutschstunde“ in den Handel. Der Film orientiert sich am gleichnamigen Bestseller von Sigfried Lenz aus dem Jahr 1968.

Das langsam erzählte Filmdrama beginnt mit den Erinnerungen Siggis (Tom Gronau) im Jugendarrest, nachdem er sich – scheinbar – weigert, den Schulaufsatz „Die Freuden der Pflicht“ zu schreiben. Zum Maßregeln wird er in eine Zelle gesperrt, dort schreibt er ein Heft nach dem anderen mit Erinnerungen an den Maler Max Nansen (Tobias Moretti) und seinen autoritären Vater Jens Jepsen (Ulrich Noethen) voll, der immer nur seine Pflicht erfüllte: In dem abgelegenen Landstrich am Meer setzt der Polizist ein Berufsverbot gegen den „entarteten Künstler“ durch, obwohl der ihm einst das Leben rettete. Siggi wird hin- und hergerissen, den Maler im Auftrag seines Vaters zu bespitzeln und ihn gleichzeitig zu schützen, denn er will von beiden geliebt werden.

Als Siggis Vater aus der Haft der englischen Besatzungstruppe entlassen wird, macht er genau da weiter, wo er am Ende der Naziherrschaft aufhören musste: Er verbrennt Gemälde seines früheren Malerfreundes Nansen. „Man muss seine Pflicht erfüllen, auch wenn sich die Zeiten ändern“, brüllt er und schlägt brutal seinen groß gewordenen Sohn Siggi nieder, der sich ihm in den Weg stellt. Der klaut daraufhin Gemälde Nansens um sie zu verstecken und landet im Heim.

Die spannenden Erzählungen Siggis werden im Film zu dramatischen Rückblenden. Im Unterschied zum Roman ist das cineastische Werk stark gekürzt und verdichtet, bewahrt aber dennoch den Geist der Vorlage. Während der Vater im Buch emotional zu schwanken scheint, setzt er sich im Film vehementer gegen die eigene Familie und den Künstler durch. Auch weitere Figuren, wie Siggis Schwester oder die Mutter, werden vom Regisseur Christian Schwochow anders gewichtet. Der verfilmte vor Jahren bereits Uwe Tellkamps „Der Turm“ und stellte – zur Freude des überzeugten Autors – bereits literarische Gestalten verändert dar.

Zum Kinostart bemängelten Kritiker, der Spielfilm sei unpolitisch und erkläre nicht den Faschismus. Auch der Maler, hinter dem sich angeblich Emil Nolde verberge, sei verklärt und nicht als Anhänger der Nazis angeprangert worden. Weiterlesen

„Berlin Syndrom“ – ein düsterer Hauptstadtfilm

Der Autor dieser Filmkritik hat ein Wochenende in der Nähe der Berliner U-Bahn-Station Kottbusser Tor („Kotti“) in einer Fortbildung verbracht. Obwohl das, stark sanierte Kreuzberg in der Nähe beginnt, gilt die Gegend immer noch als gefährlich. Durch die massiven Polizeieinsätze in der letzten Zeit sind aber die Raubüberfälle und Körperverletzungen zurückgegangen, berichtete die Berliner Zeitung.

Freitagabend bahnt sich der Filmkritiker seinen Weg durch aggressive jugendliche Drogendealer am U-Bahn-Ausgang. Samstagfrüh watet er unten in der U-Bahn durch Erbrochenes und frische Blutlachen, mittags sitzt er direkt auf dem Platz beim Vietnamesen, blinzelt in die Frühlingssonne. Auf einem ehemaligen Telefonhäuschen hockt ein attraktiver Mann und trinkt Bier, irgendwo schläft ein anderer auf einem herumstehenden Sessel. Zwischen den vielen Türken, asomäßigen „Weißen“ und dealenden Jugendlichen drängen sich mit großen neugierigen Augen zahllose Backpackerinnen.

Im Film „Berlin Syndrom“ begegnet hier eine von ihnen, die junge australische Rucksackreisende Clare (Teresa Palmer), dem gepflegten deutschen Mann Andi (Max Riemelt). Von dem Englischlehrer lässt sie sich Kreuzberg zeigen und verbringt mit ihm eine wilde Liebesnacht in seiner nahe am Kotti gelegenen Wohnung. Morgens ist er bereits zur Arbeit verschwunden – und sie merkt, dass sie nicht aus seiner verschlossenen Wohnung herauskommt… Als Andi nach Hause zurückkehrt, empfindet sie ihren Einschluss noch als Versehen. Doch bald wird ihr klar, dass sie in dem ansonsten menschenleeren Kreuzberger Haus seine Gefangene ist und aufgrund seiner Sicherungsmaßnahmen keine Chance hat, zu entkommen. Weiterlesen

„Ein ganzes halbes Jahr“ – Die indiskutable Verfilmung des Bestsellers von Jojo Moyes

 

Jojo Moyes Buch „Ein ganzes halbes Jahr“ stand lange auf den internationalen Bestsellerlisten, jetzt startet bundesweit eine typisch US-amerikanische Verfilmung dieses Werks:

Lou (Emilia Clarke ) wohnt noch bei ihren Eltern in der Nähe Londons, lässt sich ziellos durchs Leben treiben und hat eine miese Beziehung mit dem sportbesessenen Patrick. Als sie ihre Arbeit im Café verliert, muss sie einen Pflegejob annehmen. „Ihm den Arsch abwischen?“, giftet sie empört, als das Job-Center sie zu dieser Beschäftigung zwingt. Völlig überraschend entpuppt sich Will (Sam Claflin), der erwartete senile Pflegefall, als ein reicher junger Mann, der vom Hals abwärts gelähmt ist.

Sie solle eher dessen Freundin als seine Pflegerin sein, erklärt Wills Mutter, aber der attraktive Mann bringt die junge Frau zur Verzweiflung. Er hat mit dem Leben abgeschlossen, geht zynisch und abweisend mit ihr um. Mit der Zeit nähern sich die beiden natürlich einander an, lachen viel und unternehmen Ausflüge. Auf der Hochzeitsfeier von Wills Ex- Freundin führen sie einen erotischen Rollstuhl-Tanz auf. Will mag Lous exzentrische Klamotten, ermuntert sie, sich mit Mode zu beschäftigen, konfrontiert sie mit ihr unbekannten Büchern und Filmen.

Eines Tages erfährt Lou, dass Will einen Deal mit seinen Eltern hat: Sollte er in einem halben Jahr keine Lebensfreude wieder finden, wollen ihn seine Eltern beim Freitod unterstützen. Lou will empört kündigen – entscheidet sich dann jedoch, Wills Lebenslust zu wecken. Sie entwirft „Projekte“, die aber meist scheitern wie ein Besuch beim Pferderennen. Irgendwann verbringen die beiden wunderbare Wochen auf Mauritius und ihnen wird klar, was der eifersüchtige Patrick und die Zuschauer längst wissen: sie lieben sich. Ob das überhaupt gehen kann und Will sich weiterhin umbringen will, wird hier nicht verraten.

Im Kino werden die wichtigsten Ereignisse des Romans erzählt, aber deutlich wird nicht, wie Will sich gegen die Überfürsorge seiner Mutter wehrt, welche Schmerzen er aushalten muss, wie verzweifelt der im Film ewig lächelnde Mann oft ist und wie sich das ungleiche Paar wechselseitig beeinflusst. Weiterlesen