„Das Roadstories Projekt“ – über das Künstlerbuch von Leonie Hochrein

Ein Jahr lang zog die junge Künstlerin Leonie Hochrein durch die Welt und stellte jede Woche einem ihr bekannten oder fremden Menschen drei Fragen zu Glück, Heimat und einigen prägenden Ereignissen im bisherigen Leben. Zu den notierten Antworten fertigte sie jeweils ein Fotoporträt von dem Menschen, der an die nächste Person eine eigene vierte Frage stellen sollte:

„Beschreibe das Gefühl jemanden innig zu lieben“, wollte eine wissen, andere fragten, „Was ist deine Kunst?“ oder „Welche Bedeutung hat Sexualität in deinem Leben?“ Mit diesem Projekt begann Hochrein noch vor dem Abschluss ihres Kunststudiums an der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft. Ihre „Roadstories“ sind kein distanziertes Interviewprojekt, in dem sie Befragte zum Objekt macht. Stattdessen destillierte sie 51 intensive Vignetten aus ihren offenen Gesprächen. Im 52. Interview wollte sie selbst zu Wort kommen, doch während der Nachbearbeitung der authentischen Begegnungen verunglückte die Künstlerin (23) tödlich mit ihrem Lebensgefährten auf einer alpinen Bergtour. Mit zwei Redakteurinnen aus dem Freundeskreis setzte Ihre Mutter die geplante weitere Arbeit fort. 2018 stellte sie das Projekt bei den Dirloser Kunsttagen vor und veröffentlichte vor kurzem „Das Roadstories Projekt“ als englisches und deutsches Künstlerbuch.

Das Werk ist grafisch gut gestaltet, großzügig aufgemacht, angenehm anzufassen, schön anzusehen und gut zu lesen – trotz seiner strengen Systematik: Ganz knapp erzählt Hochrein zunächst jeweils von ihren eigenen Beobachtungen und Gefühlen im Gespräch, bleibt also nicht außen vor. Es folgt ein ganzseitiges, stark angeschnittenes Bildporträt der Befragten, danach deren meist nachdenkliche Antworten und die Frage an die nächste Person.

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Zur Herbstausstellung in der Kunststation Kleinsassen/Rhön

Am Wochenende begann in der Kunststation die neue Schau dreier Kunstschaffender ohne ein gemeinsames Thema. Es sind eigentlich drei verschiedene Ausstellungen in einer, die dennoch hervorragend miteinander verbunden und überzeugend kuratiert sind.

„Dominium terrae“ („Unterwerfung der Erde“): Dieser, von Robert Kunec selbstgewählte biblische Titel seiner Installation, könnte allerdings das Herbstprogramm überschreiben, meint Kuratorin Dr. Elisabeth Heil in der Vernissage.

Mitten in der größten Halle der Kunststation hat Bildhauer Kunec zwei nackte Lehmfiguren platziert: Ein derber männlicher Neandertaler begegnet einem afrikanisch aussehenden weiblichen Homo Sapiens. An der Stirnseite der Halle befindet sich ein aufrecht gestelltes Doppelbett, das wie ein Flügelaltar oder ein kultisches Triptychon wirkt. Der Grundriss der Halle scheint eine Wohnung zu sein, in den verschiedenen, nur mit einigen Lehmziegeln angedeuteten Räumen, befinden sich mehr oder weniger rätselhafte Objekte: Eine angedeutete Feuerstelle. Gestapelte Wasserflaschen. Ein mit Stroh verkleideter Fernseher.

Obwohl sich die Bedeutung dieses recht kargen Arrangements nicht ohne weiteres erschließt, wird man stark emotional berührt und empfindet Gefühle, die man hinterfragen und zulassen sollte. Man fühlt sich wie in einer religiösen oder weltlichen Kultstätte, wie in einem Kirchenschiff oder im Lichthof eines Museums. Aber nichts gleite hier ins Banale oder Kitschige ab, sagt die Kuratorin, Künstler und Besucher könnten sich durchaus über Zeichen aus christlicher Tradition verständigen. Diese Installation gerate „nicht zu einem kirchlichen Glaubensmanifest“, stattdessen würden existentielle Fragen aufgeworfen.

Egal durch welchen der zwei Eingänge man diesen Ort erreicht, man muss an großstädtisch anmutenden Bildern vorbei, bis man sozusagen nach Hause kommt. Weiterlesen

Im „Garten der irdischen Freuden“ in Berlin

In der Ausstellung „Garten der irdischen Freuden“ verwandeln 22 internationale Künstlerinnen und Künstler den Berliner Gropius Bau in eine außergewöhnliche Gartenkolonie. Doch beim Rundgang durch die individuellen Parzellen im Museum erlebt man kein fürstliches Gartenfest, sondern diverse künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Motiv des Gartens, an dem Kunstschaffende seit Jahrhunderten arbeiten.

Bereits im großen Lichthof des Hauses bildet ein mit meterhohen Metallregalen abgetrennter Raum einen zivilisierten Garten: In die Fächer des Regals sind einst wilde Pflanzen ordentlich eingetopft, hier ist üppige Natur gezähmt und in Ordnung gebracht. Während der Eröffnungstage dringen aus dem Gewächshaus, in dem ein Musiker sitzt, laute dramatische Synthesizerklänge. Symbolisiert die verstörende Kakophonie unbändige Naturgewalten oder den raschen Klimawandel? Hört man die bedrohliche Unterströmung unter der dünnen Decke unserer Zivilisation? Mit solchen Fragen geht man auf den Parcours.

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Ein Saal mit drei riesenhaften Plastiktulpen ist vollständig mit großen verschiedenfarbigen Punkten auf strahlendweißer Oberfläche bemalt, sogar Fenster und Decke. Man darf nur mit übergroßen Filzpantoffeln durch diese Skulptur schlurfen, die man zunächst witzig und unterhaltsam findet. Doch je länger man darin verweilt, umso mehr spürt man Beklemmung in dieser künstlichen Pop-Art-Welt.

Im Dunklen liegt man auf dicken weichen Stoffschlangen und schaut den an die Decke projizierten Film. Fast ohne visuelle Grenzen verschmelzen in einem Paradiesgarten zwei nackte Evas mit Blumen, Pflanzen und Wasser. Die traumartigen Bilder gleiten sanft ineinander, wechseln ständig zwischen Nahaufnahmen und Blicken durch Kaleidoskope. Weiterlesen

Kunst und Spiel in Kleinsassen

Zum 40. Geburtstag lädt die Kunststation Kleinsassen mit ihrer Ausstellung „KunstSpieleKunst“ das Publikum zum Mitmachen ein. Während das Spielen mit Kunstwerken gewöhnlich streng tabuisiert ist, wird es hier in den nächsten Monaten ausdrücklich erwünscht sein.

Bereits vor dem Kunsthaus empfängt die Besucherinnen und Besucher die Skulptur „Promenade der Elementarteile“, in der etwa eine gelbe eiserne Sonne oder ein blaues Eisenherz vom Wind bewegt werden. Sind die Böen aus der Rhön zu schwach um die Figuren zu drehen, kann das Publikum die Elemente selbst in Bewegung setzen.

Zunächst fallen beim folgenden Streifzug durch die Ausstellung natürlich als erstes solch spektakuläre Mitspielobjekte auf: Das Fahrrad, mit dem seine Benutzer eine riesige Maske wachsen lassen können oder eine mächtige Klangskulptur, die ständig von Leuten mit einer Vielzahl von Schlagwerkzeugen beklopft und erkundet wird. Zu einem sanften Klangteppich vom Band im Hintergrund entstehen so häufig ungeplante musikalische Performances.

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Das sensationellste Kunstwerk ist zweifellos der gigantische atmende Zylinderballon „transForm“ in der großen Halle: Mal hängt die silbrige Hülle halbschlaff von der Decke, dann bläst sie sich parallel zum Dachbalken wieder auf: Es wechseln Prallheit und Erschlaffung, Fülle und Leere, Kraft und Schwäche: „So werden auch emotionale Situationen allegorisiert“, sagt Künstler Ambech über seine Arbeit. Weiterlesen

Der „unwägbare Rest“ – Streifzüge auf der 58. Biennale (Schluss)

Shakuntala Kulkarni hat schwer aussehende Drahtkörper gefertigt und sich, eingezwängt in die Rüstungen, an belebten Orten ihrer indischen Heimat präsentiert. „Of Bodies, Armour and Cages“ heißt die Serie (2010-2012).

Diese Aktionen seien ihr nicht leicht gefallen, meint sie, denn sie habe vorher noch nie Performances gemacht und sei bisher immer hinter ihre Werke zurückgetreten. Von diesen Auftritten, die von der (männlichen) Bevölkerung oft nicht begeistert aufgenommen wurden, zeigt sie im indischen Pavillon spannende Fotos sowie die genutzten Harnische. Diese zunächst so massiv wirkenden Hüllen sind aus leichtem Bambus und könnten weibliche Rollenzuschreibungen oder Schutz gegen männliche Übergriffe symbolisieren.

wpo-Biennale-3-2.jpgWir kommen in unserem letzten Text also noch einmal auf Arbeiten zurück, die auf der Biennale gezeigt werden und trotz ihrer „Privatheit“ politisch, vor allem aber eigenständige Kunstwerke sind.

Der österreichische Pavillon wird zum ersten Mal alleine von einer Frau gestaltet: Renate Bertlmann, schon früh bekannt als feministische Performerin, hat streng geometrisch auf 312 spitzen Floretten Rosen aus venezianischem Muranoglas drapiert. Ihre „Ästhetik des Riskanten“, so die Kuratorin, hält Kampf und Anmut, Verlockung und Abwehr in der Schwebe:

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Das Private und die Frauenkunst… Weitere Streifzüge auf der 58. Biennale (2)

Zunächst einmal etwas Sinnliches über den isländischen Pavillon: Abseits von Gardini und Arsenale sind wir in eine langgezogene farbenfrohe Kuschelhöhle eingetaucht und haben uns zu psychedelischer Musik einfach nur wohlgefühlt.

Aber „Wohlgefühl“ reicht vielen Kritikern der Biennale natürlich nicht bei ihrer Kontrolle der Kunst, die nun auch noch von einer Frau produziert wurde…

„Von wegen politisch…“, fragten wir im ersten Text über unsere Rundgänge auf der 58. Biennale in Venedig. Wir wunderten uns über das seltsame Kunstverständnis, das häufig zunächst nach der politischen Bedeutung, nicht aber der Ästhetik und künstlerischen Qualität der diskutierten Arbeiten fragte. Dagegen überrascht uns, dass das Politische an scheinbar privaten Werken kaum wahrgenommen wird: kl Biennale 2-4.jpg

Eine junge Japanerin, die bunt bemalte Beinprothesen trägt, sitzt zum Interview im Pressezentrum. In der Ausstellung „May You Live in Interesting Times“ ist sie, Mari Katayama, zweimal mit inszenierten Fotografien vertreten. Entweder ist sie selbst als Performerin oder als Teil ihrer Artefakte zu sehen: sie tritt nicht hinter die Werke zurück.Ganz in der Tradition der Performance und Body-Art zelebriert sie auf radikal künstlerische Weise die Ästhetik des Andersseins: Ihre Diversität ist nicht länger private „Behinderung“ sondern politische – aber nicht plakative – Aussage über den Zustand und die Möglichkeiten unserer normierten Gesellschaft!

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Von wegen politisch… Rundgänge auf der 58. Biennale (1)

Seit der Verleihung der Goldenen Löwen zur Eröffnung gilt die 58. Biennale als politisch. Wenn man sich dort eine Woche lang treiben lässt, erlebt man jedoch eher die Spannweite der zeitgenössischen Weltkunst: Man wird nicht politisch belehrt und hat auch nach sieben Tagen noch längst nicht alles gesehen.

Am Rand der Ausstellungshallen im Arsenale liegt auf einem Transporter ein aus dem Meer geborgenes Schiffswrack. Es fällt zum Beginn des Festivals kaum auf, denn in dem einstigen Militärgelände verrotten viele Boote, Kräne und andere Geräte. Angesichts riesiger Lecks im Rumpf spürt man jedoch ein Grauen – und fragt sich: „Ist das Kunst?“

Später wird bekannt, der Kahn sei ein Fundstück, das vom Schweizer Künstler Christoph Büchel zur Kunst erklärt wurde, ein gesunkenes Flüchtlingsschiff, in dem 2015 Hunderte von Menschen starben. Ein Jahr später engagierte sich der italienische Politiker Matteo Renzi für die Bergung des gesunkenen Schiffs, in dem sich noch Hunderte von Leichen befanden. Nun pöbelt die rechtskonservative Regierung Italiens gegen den angeblichen Missbrauch des Schiffes für politische Propaganda auf der Biennale.

Doch das Wrack ist zuallererst ein „Objet trouvé“, ein eigenständiges Kunstwerk, das für sich selbst spricht und keine Interpretationen benötigt, um Entsetzen und Nachdenklichkeit auszulösen. Man muss nichts über seine Geschichte wissen, um von diesem Objekt berührt zu werden. Der daneben stehende Kran suggeriert sogar noch vergebliche Hilfe, denn der Haken am Stahlseil erreicht nicht das Schiff.

Auch der Goldene Löwe für die Operninszenierung im Litauischen Pavillon muss für den Vorwurf des politischen Missbrauchs herhalten. Doch das Singspiel „Sun & Sea“ ist ein autonomes Gesamtkunstwerk aus Musik, Gesang, szenischem Theater und Environment. In dem abgelegenen, schwer zu findenden Gebäude innerhalb der militärischen Sperrzone ist ein Sandstrand aufgeschüttet. Von der Empore, also lediglich von oben (!), kann man das Strandgeschehen miterleben:

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Kunststation Kleinsassen: „Das Auto als Designaufgabe“

Im Rahmen der Herbstausstellung in der Kunststation „Im Rausch der Geschwindigkeit“, beschäftigt sich die kleine Salonschau mit dem Thema: „Das Auto als Designaufgabe.“

Zwei Sitzmöbel dominieren den Salon – als Prinzessinnentraum ein weißer kuscheliger Liegesessel und ein strengerer exotischer Thronsessel. Etwas irritierend wirken zunächst die danebenliegenden Autoteile: Das Wohnzimmer als Auto oder umgekehrt das Auto als Wohnzimmer?

Gerne posieren die beiden Schöpfer dieser Werke, Designerin Uta Krieger sowie Architekt und Konstrukteur Dieter Weidt, für ein Foto und erzählen von ihrer Arbeit. Krieger wuchs in Fulda auf, arbeitete im medizinischen Bereich, doch dann, ab Mitte zwanzig, wollte sie nur noch weg von hier. Auf allerlei Umwegen kam sie nach Hildesheim und studierte dort unter anderem Farbdesign. Schon als Kind fragte sie sich, wie wohl die Farben des Regenbogens entstehen. Später in ihrer medizinischen und kunstpädagogischen Arbeit erfuhr sie, welchen Einfluss Farben auf Menschen haben. In ihrem Studium erforschte sie diese Wirkungen und fand heraus, wie sie in Design und Architektur genutzt werden können; nicht nur diese Erkenntnisse wendet sie jetzt in ihrer beruflichen Praxis an.

In einem gemeinsamen Projekt an der Hildesheimer Uni arbeitete sie mit Weidt zusammen. Beide merkten, dass sie unterschiedlich im Denken waren, doch das befruchtete ihre Zusammenarbeit und eröffnete die Möglichkeit, Designaufgaben aus verschiedenen Perspektiven zu sehen: „Reibung und Diskussion sind gut für den Arbeitsprozess und das fertige Produkt“, meint Krieger und lacht.

Die beiden verbindet seitdem eine freundschaftliche Arbeitsbeziehung. Krieger beschäftigt sich gegenwärtig mit vielfältigen Projekten, arbeitet in Köln aber immer noch mit Weidt zusammen. Neben unterschiedlichen Fragestellungen zur Produkt- und Möbelentwicklung interessiert sich das Designerduo auch für Automobile. Eine Idee, die sie nun in der Kunststation vorstellen, ist die Verwandlung alter Autositze in die oben beschriebenen Edelsessel. Das sind „DEARobjekts, absolute Liebhaberstücke“, sagt Weidt, „die wir als Prototypen entwickelt haben.“ So wie bei den Autositzen lösen sie Produkte aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen und überschreiten damit (scheinbare) Grenzen. Ihre Objekte verstehen sie als eine spannende Symbiose aus scheinbar Gegensätzlichem mit völlig neuer Identität. Weiterlesen

„Myths – Upcycled“ – spannende Ausstellung & Vernissage in Kunststation

Wieder einmal präsentiert die Kunststation Kleinsassen eine spannende Ausstellung, die mit einer ungewöhnlichen Vernissage begann.

Die in der Schau „Myths – Upcycled“ vertretenden Kunstschaffenden nutzen auf unterschiedliche Weise Naturüberbleibsel und Zivilisationsmüll als Material für ihre Werke. Im Upcycling werden wertlose Abfälle nicht nur recycelt sondern zugleich aufgewertet.

„No reason to get excited“ (Kein Grund zur Aufregung). Zur Eröffnung singen Bernd Baldus, der Künstler aus der Nachbarschaft, sowie zwei an der Ausstellung Beteiligte aus einem Stück von Bob Dylan. Man meint, der Song kommentiert ironisch die hochaktuelle Diskussion über Plastikmüll.

Im großen Saal der Kunststation herrscht „geordnetes Chaos“, wie Leiterin Monika Ebertowski erklärt. Stühle, Staubsauger und andere Haushaltsgeräte Kleinsassener Bürger liegen herum. Aus dem Sperrmüll schafft die US-amerikanische Künstlerin Kitty Wales in der nächsten Zeit Skulpturen. Khalil Chishtee hat aus New York weiße Plastikbeutel mitgebracht, aus denen er lebensgroße Figuren kreiert. Gespenstisch hängt ein weißes Pärchen in der Halle, bald folgen weitere Gestalten. Bis zum 14. Juni arbeiten Wales und Chishtee an ihrem „Work in Progress.“

Zum Schluss schleppt Künstler Thomas Putze, dürftig mit weiß-rotem Absperrband bekleidet, einen Baumstamm in den Saal. Er rupft Zweige ab, stellt den Baum aufrecht und klettert akrobatisch daran hoch. Oben verschwindet er in schwindelnder Höhe durch ein Fenster. „Upcycled“ heißt seine kühne Aktion, die auf performative Weise den Ausstellungstitel umschreibt. Im folgenden Dialog der Kuratorin Dr. Elisabeth Heil mit den beteiligten Kunstschaffenden, werden deren unterschiedliche künstlerische Positionen zum Thema deutlich:

Der vielseitige Putze hat einen „Mischwald“ aufgebaut. Zwischen noch nadelnden großen Bäumen fügte er weiterbearbeitete Naturobjekte, Gemälde sowie Arbeiten aus Schrott und natürlichen Fundstücken zu einer Installation: Statt sich im Wald über Müll zu ärgern, ließe er sich davon inspirieren, weiß die Kuratorin. „Ja, hier kann ich mal die Sau rauslassen“, meint Putz lachend, der auch hölzerne Wildsäue zeigt. Selbst seine Preisliste mit den von ihm gezeichneten Einzelarbeiten ist ein kleines Kunstwerk. Weiterlesen

Bazon Brock setzt Besucherschule in Wittenberg fort – Kunstausstellung bis zum 1. November 2017 verlängert

Im Alten Gefängnis der Lutherstadt Wittenberg setzten sich bekannte zeitgenössische Künstler wie Ai Weiwei oder Markus Lüpertz mit dem Reformator auseinander. Dazu lädt der Ästhetik-Professor Bazon Brock in eine Besucherschule zur Ausstellung ein.

„Sie müssen ja dumm sein, wenn Sie nur hierher kommen um zu sehen, was Sie bereits kennen.“ Mit diesen Worten entlässt Brock (81) nach seiner eineinhalbstündigen hochinteressanten Vorlesung die Besucher in das düstere Gemäuer, das für einen gemeinsamen Rundgang viel zu eng ist. 66 Künstler haben eine Zelle gewählt und als Kunstwerk umgestaltet oder die Flure und den Hof für ihre Installationen genutzt. „Die meisten“, so Brock, „setzten sich auf vielfältige Weise mit dem Ausstellungs-Thema ‚Luther und die Avantgarde’ auseinander, nur wenige präsentieren das, was sie immer zeigen.“ Jonathan Meese etwa ruft mit einer Videobotschaft in seinem wild bemalten Kabuff wieder einmal „Die Diktatur der Kunst“ aus.

Ohne weitere Sinndeutungen sind manche Installationen berührend, die sich direkt auf den tristen Ort beziehen, der von 1906 noch bis 1965 in Betrieb war. Eine Künstlerin installierte auf dem blanken Boden eine große nackte Schaufensterpuppe, wittenberg-face-2-2.jpgdie ab und zu mechanisch ihren Hintern heben und anbieten muss. Weiterlesen