Neues in der Rhön…

In ihrer Herbstausstellung präsentiert die Kunststation Kleinsassen Arbeiten von drei Kunstschaffenden in Soloausstellungen, sowie einem Künstler im Studio. Beim ersten Rundgang wird deutlich, wie vielfältig die Werke sind und dennoch gut zusammenpassen.

MICHAEL APITZ nennt seine Schau „Rhein trifft Rhön“, ins Auge fällt sofort die Milseburg-Trilogie. Das legendäre Bauwerk und seine Umgebung sind gerade noch erkennbar, jedoch in unwirklichen grünen, orangenen oder gelben Farben gehalten. Sein „Leinpfad“ wirkt wie eine dramatische Eruptionsmasse. Manche Gemälde, etwa der „Berg in Rot“ oder „Der Blick“, sind mit den dick aufgetragenen Farben so reduziert, dass sie nicht mehr gegenständlich wirken. 

Der Künstler arbeitet nicht in der Natur, sondern in seinem Atelier entstehen – nach ausgedehnten Wanderungen – diese emotional aufgeladenen, kraftvollen und durch die Farbe verfremdeten Gebilde auf seinen Leinwänden: So wie er die überwältigend wilde oder gezähmte Natur vielleicht erlebt hat. 

GEORG KÜTTINGER schafft „Räumliche Partituren“ (Titel). Verschieden lange Poller in unterschiedlichen Farben ragen aus dem Wasser und spiegeln sich darin. Aneinandergereihte Baumteile mit wechselnden Rinden in unterschiedlichen Jahreszeiten irritieren. Die Fotografien der eigentlich realen, aber nicht wiederzuerkennenden Landschaften, sind von unwirklicher Künstlichkeit. Denn der Fotograf hält seine Motive zu unterschiedlichen Tageszeiten – bei wechselndem Licht – oder aus verschiedenen Perspektiven fest. Später zerlegt er seine Bilder und fügt sie zu Remixen zusammen, die man einfach als Spiel sehen kann, jedoch auch als Rekonstruktion seiner persönlichen Erinnerungen an reale Orte. 

Die Objekte seiner zweiten Werkgruppe wirken wie große Mosaike aus Glasplättchen, die sich beim Bewegen des Betrachters verändern. Über die Technik zur Herstellung dieser „Interferenzen“ werden wir noch berichten.

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„Die Mittagsfrau“ verfilmt…

„Die Mittagsfrau“ ist ein weiblicher Naturgeist in der slawischen Sagenwelt, sie gab dem Film ihren Namen. Man muss ihr alles erzählen muss, wenn man sie trifft: Wer man ist und woher man kommt, sonst findet man keinen Frieden. Doch im äußerst ruhig erzählten und oft abschweifenden Film, braucht man lange um zu verstehen, wer die verschiedenen Personen eigentlich sind und was sie umtreibt. 

Die halbwüchsigen Mädchen Helene (Mala Emde) und Martha (Liliane Amuat) leben im spießigen Bautzen bei ihrer jüdischen, aber psychisch schwerkranken Mutter. Unvermittelt beginnt die oft zu toben, Geschirr zu zerschmeißen und die jungen Frauen zu schurigeln. Am Ende der 1920er-Jahre machen sich die beiden auf ins wilde Berlin und wohnen bei ihrer exzentrischen Tante. Während die lesbische Martha sich endlich ausleben kann, versucht Helene das Abitur nachzuholen, um Medizin zu studieren. Dennoch verliebt sie sich heftig in Karl, der mit ihr die Leidenschaft für Literatur und Bildende Kunst teilt: 

„Es ist ein Weinen in der Welt / als ob der liebe Gott gestorben wäre / und der bleierne Schatten, der niederfällt, / lastet grabesschwer“, heißt es bei Else Lasker-Schüler, der Lieblingsdichterin der Liebenden. Und tatsächlich fallen bleierne Schatten: Karl kommt beim Reichstag um, als die Nazis die Macht ergreifen, für die beiden halbjüdischen Geschwister wird es in Deutschland lebensgefährlich. Martha und ihre Tante wollen Deutschland verlassen, während die verzweifelte Helene vor Trauer um Karl wie gelähmt ist.

Wilhelm, ein strammer Nazi, verliebt sich in sie, nur widerwillig gibt sie seinem Drängen nach. Er begleitet sie in eine Irrenanstalt, in die ihre Mutter eingesperrt wurde. Die Nazis versuchen hier einen Zusammenhang zwischen Jüdisch-sein und Geisteskrankheit zu erfinden. Dadurch erfährt Wilhelm von der jüdischen Herkunft seiner Angebeteten. Er ist zwar entsetzt, besorgt ihr dennoch falsche „arische“ Papiere und fordert als Gegenleistung die Heirat. In der Hochzeitsnacht ist er wütend, dass er keine blutende Jungfrau bekommt. Trotz großer Vorsicht wird Helene später schwanger, doch der Nazi will „von dem Balg“ nichts wissen, verlässt sie und verweigert den Unterhalt.

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Ausstellung „Fragil“ im Vonderau-Museum in Fulda

„Fragil“ heißt die aktuelle Ausstellung des Kunstvereins Fulda im Vonderau-Museum, die soeben eröffnet wurde. Auf drei Etagen stellen 59 Kunstschaffende des Vereins gut 133 fantastische Bilder, Fotografien, Installationen, Skulpturen und weitere Werke zum Thema „Fragil“ aus.

Allein die Vernissage wäre einen eigenen längeren Bericht wert. Denn durch das Eröffnungsprogramm führte die – nach eigenen Worten – „Fachkraft für Unterhaltung“ Wolf Mihm. Mit frechen Kabaretteinlagen, sanften Gesängen und einem Loblied auf die Ausstellung faszinierte er immer wieder die Eröffnungsgäste und anwesenden Künstler und Künstlerinnen. Unterstützt wurde er von der singenden Tänzerin Alexandra Pesolt, mit der er gemeinsam einen Sting-Song darbot. Der Leiter des Vonderau-Museums Frank Verse, von Mihm vorgestellt als „Boss der Bude“, verwies darauf, dass aktuell die Auseinandersetzung mit Fragilität viele Gewissheiten infrage stelle. Das Gemälde „Der Goldfisch in der Wüste“ drücke das für ihn am ehesten aus.

„Alles ist fragil, nichts ist stabil!“ 

Ins Programm flossen viele kurze Antworten auf die bereits zuvor gestellte Frage an die Kunstschaffenden des Vereins ein, was für sie der Begriff ‚Fragil‘ bedeute. Zunächst zog Mihm Zettel aus einer Kiste und rezitierte einige Antworten, später trugen Mitglieder aus dem Publikum selbst ihre Statements vor: Fragil ist für mich „…hoffentlich nicht der Ast auf dem ich sitze“, „…das Kribbeln eines ersten verliebten Blicks“ oder „…ein Spinnennetz auf einer feuchten Wiese.“ Zum Schluss tanzte Pesolt graziös einige vom Moderator ausgewählte Antworten: Fragil seien ein „Balanceakt“, „Konfetti in der Luft“ oder „Regentropen auf einen See“. 

Anne Härtel-Geise, die Frau, „die hier im Museum in den letzten zwei Wochen ihren Erstwohnsitz hatte“ (Mihm), trug eine schöne Rede zum Thema vor. Dann bekannte sie, dass die von ChatGPT inspiriert sei und machte mit Beispielen die Gefahren der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Kunst deutlich, verwies aber auch auf deren Möglichkeiten zur Unterstützung der künstlerischen Kreativität. Abschließend meinte sie, das Unerklärliche in der Kunst ließe sich eben nicht durch die KI erfassen!  

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Figurentheater „Amadeus“ im Steinauer Theatrium

Das Theatrium in Steinau an der Straße präsentiert in einer Wiederaufführung ihr Figurentheater „Amadeus“. Das Solostück mit Puppen bietet ein spannendes Erlebnis für Erwachsene und kann auch diejenigen faszinieren, die normalerweise mit klassischer Musik wenig zu tun haben. 

„War ich es oder war ich es nicht, der Mozart umgebracht hat?“ ruft mit Shakespeare’schem Zungenschlag der alt gewordene Komponist Antonio Salieri zu Beginn der Aufführung. Detlef Heinichen gibt als großartiger Schauspieler diesen, von Hass auf Wolfgang Amadeus Mozart zerfressenen Wiener Hofkapellmeister. Am Ende seines Lebens legt der bejahrte Salieri eine Beichte ab, in der er von den Begegnungen mit dem jungen Mozart berichtet und seine Intrigen gegen ihn bekennt. Heinichen führt als alter Salieri durch das Stück und lässt mit seinen großartigen Figuren das Ende des 19. Jahrhunderts in Wien aufscheinen. 

Changierend zwischen Erzähler und Puppenspieler nimmt er sein Publikum mit auf die spannende Zeitreise: Gerade verlässt Salieri Italien für eine bescheidene Karriere in Wien, da tingelt der sechsjährige Mozart bereits durch ganz Europa. Dieses „obszöne Kind“, wie der Hofkapellmeister es nennt, kommt später als exaltierter Erwachsener nach Wien und mischt die kaiserliche Musikszene auf. Salieri ist begeistert von Mozarts Musik, doch bereits in der ersten Oper, „Die Entführung aus dem Serail“, „…legten die Instrumente Netze aus Schmerz über mich.“ So stark spürt der Italiener seine eigene Mickerigkeit und Mozarts Größe. 

Viele Werke des jungen Komponisten werden erfolgreich aufgeführt, die seiner Meinung nach „das wirkliche Leben und keine langweiligen Legenden beschreiben“. Der begnadete, aber in ärmlichen Verhältnissen lebende Musiker, gewinnt sogar Kaiser Joseph II für sich, doch eine feste Anstellung bekommt er nicht. Das verhindern der hasserfüllte Salieri und andere höfische Musikschranzen: „Zu viele Noten, zu kompliziert“, suggerieren sie dem Kaiser.

Das Stück „Amadeus“ folgt dem gleichnamigen, vielfach preisgekrönten Film Milos Foremans von 1984.

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Nur noch drei Wochen: „Plastic World“ in der Schirn

Bekanntlich ist die Schirn eine langgezogene Halle, die man in der Mitte betritt und sich nun entscheiden muss, ob man links oder rechts herum gehen will. Empfangen wird man zunächst von fröhlichen Objekten aus diversen Plastiksorten, wie den aufblasbaren „Nanas“ von Niki de Saint Phalle oder der hyperrealistischen Nackten, „Woman Leaning“, von John de Andrea.

Nur noch drei Wochen lang sind in der Ausstellung etwa 100 Arbeiten zeitgenössischer Kunstschaffender zum Thema „Plastic World“ zu erleben.Links herum, an einem Ende der Schau kann man die riesige traumartige Installation begehen, ein „Luft-Aquarium“, in dem gigantische Fabel-Meerestiere aus durchsichtigem Plastik unaufhörlich aufgeblasen werden. Zwei mächtige rote Seeanemonen-Sterne aus festerem rotem Kunststoff lassen zeitlupenhaft ihre Zacken hängen, erstarren und richten sie wieder auf. Die Künstlichkeit des Environments von Otto Piene orientiert sich an der Natur und entführt die Besucher in eine magische Unterwasserwelt, in der man – durchaus trocken – noch lange bleiben und meditieren möchte. 

Am anderen Ende des Saales fasziniert Berta Fischers ausgedehnte skulpturale Farbwolke „Garmion“, die aus kleinen farbenfrohen Plättchen zusammengesetzt ist. Das Werk hängt an zarten Fäden von der Decke, wirkt federleicht und wirft wunderbare Schatten (Bild unten). Auch am Schluss der Ausstellung verführt es zum Bleiben und Rumschlendern. Immer wieder entstehen beim Gehen um das schwebende Gebilde neue Aussichten und zarte Anmutungen: Ein wunderbares Erlebnis, das einem die Problematik des Materials vergessen lässt. „Verführerische Plastik“ heißt passenderweise dieser letzte Teil der Schau, in der sich weitere bezaubernde Arbeiten befinden.

„Plastic World“ bewegt sich in einem Spannungsfeld: Die Begeisterung der Pop-Artisten durch synthetische Materialien in den 1960er-Jahren ist ebenso zu spüren, wie die Lust späterer Kunstschaffender am Experiment mit plastischen Substanzen oder – bereits recht früh – ihr kritischer Umgang mit Plastikmüll. Auch viele Künstlerinnen fanden Gefallen an dem Werkstoff. 

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Staunen für Erwachsene – Figurentheater in Osthessen

Als Figurentheater für Erwachsene präsentiert das Theatrium in Steinau tatsächlich den legendären Film „Manche mögen’s heiß“. Eigentlich ist es unmöglich, solche Kultfilme, dazu noch mit einer Ikone wie Marylin Monroe, auf die Bühne zu bringen. Allerdings verbinden die Akteure klassisches Theater mit Puppenspiel und verlegen die Handlung in ein altes aufgegebenes Lichtspielhaus. 

Darin sind nur noch Ratten übriggeblieben, die alle Filme auswendig kennen, die jemals hier liefen. Natürlich sind diese Kino-Ratten keine ekligen Wesen, sondern freundliche Kuscheltiere, vor denen man sich nicht fürchten muss. Im Stück wollen sie bei einem Treffen mit befreundeten Nagern (den Zuschauern) den Kultfilm mit der Monroe ansehen. Doch der Streifen reißt – nun spielen sie selbst Szene für Szene in der Originalversion, aber mit grotesken Überraschungen.

Nun geschieht also eine mehrfache Verwandlung: Die drei menschlichen Akteure spielen Nagetiere mit langen Rattenschwänzen, sie beleben die Fellpuppen als Kinofiguren, von denen zwei – wie im Film – oft auch noch zwischen Mann und Frau changieren. „Grundsätzlich lieben wir es Stoffe auszusuchen, deren Umsetzung auf den ersten Blick erstmal unmöglich erscheint“, sagt Theatrium-Chef und Schauspieler Detlef Heinichen. Gerade die liebevolle Verfremdung der Ratten zu Filmlegenden, ermöglicht die Distanz der Zuschauenden zum kultigen Original.

Darüber hinaus verstecken sich die Akteure im Figurentheater nicht wie einst im Marionetten- oder Kasperlespiel. Sie sind stets sichtbar, bauen selbst die Bühne um und werden zu Mitspielenden. Während sie ihre Geschöpfe beleben, müssen sie ohnehin deren Bewegungen und Gefühle ausdrücken – das verdoppelt den dramatischen Ausdruck. Häufig kommunizieren sie auch untereinander oder mit ihren Wesen. Durch viel Licht, Musik und Gesang werden die meisten Stücke abgerundet. Im Theatrium sind auch Solostücke von Heinichen, mit wunderschön gefertigten Puppen wie in „Amadeus“ oder bedrohlichen Gestalten wie in „Adam und die Äpfel“, zu sehen.

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Ein Kunstausflug in die Rhön

Mit den Worten, die Karwoche habe nur sieben Tage, die Kleinsassener „Ka“-Woche dagegen acht, begrüßte Bürgermeister Marcus Röder gewohnt humorvoll die Gäste: „Kreativität. Kunst. Klüber. Kuchen. Kabarett. Kunststation…“, zählte er deren „Ka“-Besonderheiten auf.

Kreisbeigeordneter Hermann Müller bedankte sich bei den Bewohnern, dass sie ihre Höfe, Scheunen und Garagen erneut für die Kunstschaffenden öffneten. Denn neben dem Eingang zur „Schnipselkunst“ im Schober Vey, steht ein Trecker hinter dem Absperrband. Beim Brunnen auf der Hauptstraße zeigt Evelin Gabler-Labendsch exotische Ölbilder eines Elefanten oder einer schwarzen Prinzessin. An den reichlich vorhandenen, aber höchst diversen Schmuckboxen, drängeln sich die Besucherinnen. Überall vor und in den Scheunen, sowie an vielen Ständen wird geformt, gehämmert, modelliert und mit sonstigen künstlerischen Mitteln experimentiert. Dazwischen läuft die üppige Kunstfigur „Silver-Green-Spacewoman“ herum (Karin Reichardt) und sucht in der Walking-Performance neue Männer für ihren Planeten. 

Auf der Kunstwiese drechselt Michael Sauer in einer Wolke aus Spänen, während „Nordmann74“ große holzgerahmte Spiegel präsentiert und die Funktion seiner Feuerschalen erklärt. Beide sind neu hier und freuen sich bereits früh über die Resonanz der Besucherinnen und Besucher. Erstmals mit dabei – in der Garage Zentgraf – sind auch Martina Theisen und Wolf Mihm mit ihren Arbeiten, die Künstlerin erstellt auf Wunsch skurrile Porträts. 

Die Webers bieten Holzskulpturen mit farbig verglasten Öffnungen an, durch die sanft das Licht scheint. Susann Weber trägt mit Henna auf die Haut ihrer Kunden wasserfeste Tattoos auf, von denen besonders Kinder begeistert sind. Kleine realistische Glasfiguren zeigt Gabriele Mezger, Marie-Luise Brandhorst fröhliche bunte Gartenkeramik und Nicola Schellhammer rustikale Objekte und Schmuck aus recyceltem Material. 

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Die Ausstellung „Make Friends AND Art“

Kunstschaffende im Dialog – Ihre Antwort auf die documenta fifteen: In der aktuellen Ausstellung „Make Frieds AND Art“ präsentieren 32 Kunstschaffende Gemälde, Skulpturen und Installationen. Das umfangreiche Begleitprogramm begann mit einer Performance von Malerin Ulrike Kuborn und Musikerin Nirit Sommerfeld.

Im dynamischen Tanz umkreisen sich die Frauen auf der am Boden befestigten, eingefärbten Leinwand. Schubsen und schieben einander, reißen sich los. Gehen in die Horizontale, winden und wälzen sich auf der Unterlage. Umreißen ihre Silhouetten mit Stiften. Kämpfe, Annäherungen, Trennungen. Die Performance „Approach / Begegnung“ endet nicht harmonisch, sondern mit einem Moment der Ruhe.

Die Beiden haben „Make Friends AND Art“ exemplarisch ausgedrückt: Sich begegnen und Freundinnen zu werden ist ein schwieriger Prozess, kein einmaliger Akt, insbesondere wenn die Deutsche Kuborn auf die Deutsch-Israelin Sommerfeld trifft. Gleichzeitig ist ihre dramatische Begegnung als Kunstwerk festgehalten, das von Kuborn weiterbearbeitet wird. Im Hintergrund hängen zwei ihrer Leinwände mit dem Titel „Approach“, die ähnlich entstanden.

Nahe dieser „bewegten Bilder“ montierte Udo Breitenbach um ein Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel vier alte hölzerne Skulpturen aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Auch diese Figuren scheinen innezuhalten, sich nicht (mehr) zu ärgern. Schließlich ist alles nur ein Spiel, in dem man Revanche fordern und sein Glück aufs Neue versuchen kann. 

Aber das Leben ein Spiel? An der Stirnwand des großen Saals installierte Robert Kunec seine angekokelten hölzernen Fahnenständer und provoziert damit Nachdenken über Fahnen als Symbole. Sie signalisieren Zugehörigkeit, Abgrenzung oder Widerstand, die Brandspuren verweisen darauf, dass daraus auch Kämpfe und Kriege entstehen.

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Ein erster Rundgang durch „Make Friends AND Art“ 

Eine faszinierende Vielfalt von Skulpturen, Gemälden, Installationen und anderen künstlerischen Gebilden erwartet die Besucher der Ausstellung „Make Friends AND Art“ – schließt Freundschaften UND macht Kunst: Zwei identische Köpfe betrachten sich in Spiegeln, einer ist weiß, der andere dunkelhäutig. Wenn man um das Objekt herumgeht, wird das weiße Antlitz dunkler oder das dunkle heller.

Von der Wand lachen zwölf Collagenporträts, die jeweils zugleich zwei extrem unterschiedliche Menschen – unter dem Motto „Gemeinsam“ – zeigen. Ein „interkulturelles Mustertuch“ präsentiert ein Patchwork aus Stofffeldern verschiedener außereuropäischer Regionen. 

Insgesamt 32 von der Station ausgewählte Kunstschaffende geben Antworten auf die umstrittene documenta fifteen des vergangenen Jahres. Die einst weltberühmte Kunstschau wurde nicht nur von antisemitischen Vorfällen, sowie dilettantischer und verantwortungsloser Kuratierung überschattet. Der Focus lag ohnehin nicht auf Kunst, sondern es ging um die Verwirklichung des Mottos „Make Friends not Art“: Also gemeinsam abhängen und sich anfreunden.

Zwischen den aufgeregten Diskussionen und Fehlern aller Verantwortlichen ging die Kritik der Kunstlosigkeit dieser documenta unter. An ihrem Ende zitierte die Fuldaer Zeitung den Kunstwissenschaftler Harald Kimpel mit seinem verheerenden Urteil über den ästhetischen Wert: „Mein Hauptproblem ist die Entkunstung der documenta, von ausgestellten Kunstwerken kann keine Rede sein.“ Dagegen sind die Antworten der – endlich einmal gefragten – Kunstschaffenden in Kleinsassen bildhafte und skulpturale Statements mit diversen künstlerischen Mitteln!

Der bekannteste Teilnehmer ist Jonathan Meese, einer der bedeutendsten deutschen Künstler der Gegenwart. Statt ein Kunstwerk zu liefern, verfasste er ein Manifest eigens für die Kunststation.

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Im Schatten der Ereignisse…

Moritz Götze präsentiert in seiner Studioausstellung in der Kunststation, Grafiken unter dem Titel „Im Schatten der Ereignisse“. Seine Farbdrucke sind nicht Teil der parallel eröffneten aktuellen Frühjahrsschau, in der Kunstschaffende nach „Antworten auf die documenta fifteen“ suchen. Doch deren Auseinandersetzung mit der momentan heftig gehypten Ideologie der kulturellen Aneignung, zieht sich ebenfalls durch Götzes Werk:

Munter und farbenfroh zitiert er Kunstobjekte und Künstler – von der Antike bis zur Gegenwart, von Tischbein bis Picasso – und eignet sich deren Werke mit spielerischer Unbekümmertheit an. Eine immergleiche blonde Frau hält madonnenhaft ein erwachsen aussehendes Kind im Arm, fläzt sich (wie Goethe in der Campagna) vor einem ausbrechenden Vulkan oder stapft durch die Großstadtnacht: „Die Nacht weiß nichts von sich selbst so wie ich“, hat er groß drauf geschrieben.

In angedeuteten Landschaften erscheinen auch Engel und Rehe, antike Scherben und Säulenreste liegen herum, oft verweisen Malutensilien auf den Künstler selbst. Antikenbewunderung oder Italien- und Griechenlandsehnsucht mischen sich mit seiner unbändigen Gestaltungslust. Götze zeigt auch reine Wimmelbilder, in denen er beginnt, eigenwillige und rätselhafte Geschichten zu erzählen. Formal sind seine Perspektiven und Raumaufteilungen ziemlich abenteuerlich, die absurden Größenverhältnisse irritieren. Dadurch changiert die Wahrnehmung des Betrachters zwischen Realität und Traum.

Seine Farbdrucke sind von Popart, Comics und Emaillearbeiten inspiriert, doch sie weisen eine bedeutsame und berührende Tiefe auf. Hinter der scheinbaren Naivität seiner Gestaltung verbirgt sich eine intensive Recherche der historischen Themen, die er sich jedoch mit „instinktsicherer Respektlosigkeit gegenüber der kanonisierten Geschichtsschreibung“ (Kristina Volks) aneignet.

Merz hat einmal über seine Kunst gesagt, sie sei wie ein Karussell, auf dem alle möglichen Geschichten fahren dürften. Er möchte den Betrachtern mit seiner eigenen visuellen Sprache Freude bereiten, sie aber auch ein wenig ins Nachdenken bringen. Jedoch ist dazu kein aufwendiges Studium der historischen Hintergründe nötig – so wie sie sind, sprechen die Bilder, ganz „im Schatten der Ereignisse“, erst einmal für sich selbst! 

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